ZAP 2006, Fach 13, Seite 1387

Praxisprobleme mit der Prozeßfähigkeit der GbR
Von Rechtsanwalt Dr. Ekkehart Reinelt, München

I. Vorbemerkung
Seit der Entscheidung des BGH v. 29. 1. 2001 (NJW 2001, 1056; vgl. im einzelnen SIEG ZAP F. 15, S. 355 ff.) steht fest:

Die (Außen-) GbR besitzt Rechtsfähigkeit. Sie ist im Zivilprozeß aktiv und passiv parteifähig. Ein in die GbR eintretender Gesellschafter haftet – vorbehaltlich Vertrauensschutzes – für Altverbindlichkeiten (BGH NJW 2003, 1803).

Allerdings: Grundbuchfähig ist die GbR nach derzeit noch h. M. nicht (vgl. hierzu etwa OLG Celle NJW 2006, 2194 ; REINELT ZAP F. 7, S. 881). Im Grundbuch eingetragen und einzutragen sind nach der noch h. M. stets alle GbR-Gesellschafter mit ihrem Namen „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“.

II. Unsicherheiten in der Praxis
Zu welchen Irrungen und Wirrungen diese neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei den Instanzgerichten führt, zeigt ein Rechtsstreit vor dem Landgericht Berlin (Az.: 36 O 316/06). Es geht um Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB. Einer von 144 (im Grundbuch eingetragenen) Gesellschaftern einer GbR (Immobilienfonds „XY-Fonds GbR“) ist unstreitig wirksam aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden. Trotz mehrerer Aufforderungen der Geschäftsführung der GbR bewilligt er seine Löschung im Grundbuch nicht. Daraufhin klagt der Immobilienfonds unter seinem Namen „XY-Fonds in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“. Dazu ist er nach der etablierten Rechtsprechung des BGH aufgrund seiner Teilrechts- und Prozeßfähigkeit befugt. Die Namen der insgesamt 144 Gesellschafter müssen in der Klage nicht mehr aufgeführt werden. WAGNER (ZNotP 2006, 408, 412) ist sogar der Auffassung, eine Klage durch alle im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter komme nicht mehr in Betracht. Aus der von ihm zitierten Entscheidung des BGH v. 10. 1. 2006 (ZNotP 2006, 224) läßt sich dies allerdings nicht schließen.

Das Landgericht Berlin, wendet sich mit folgendem, sofort nach Klageeinreichung ergehenden Hinweisbeschluß an die Klägerin:

„Der Klägerin wird aufgegeben, binnen zwei Wochen ihre Aktivlegitimation darzulegen. Bei Ansprüchen auf Grundbuchberichtigung gemäß § 894 BGB ist der Eigentümer aktivlegitimiert. Zum Erwerb von Grundstückseigentum ist gemäß § 873 BGB die Eintragung im Grundbuch erforderlich. Im Hinblick darauf, daß eine GbR nach hiesiger Auffassung als solche nicht grundbuchfähig ist, bedarf es zum Nachweis der Aktivlegitimation der Vorlage eines Grundbuchauszuges, der die Gesellschaft selbst und nicht nur ihre Gesellschafter als Eigentümer ausweist.“

1. Zweifel an der Aktivlegitimation der GbR
Unordnung – in den Gedankengängen der Richter – und frühes Leid – für die Klägerin –, weil die unmittelbar nach Klageeinreichung geäußerten Zweifel an der Aktivlegitimation unbegründet sind und die Klägerin für die Erfüllung eines schon abgeschlossenen Kaufvertrages dringend auf eine rasche Entscheidung über den Grundbuchberichtigungsanspruch angewiesen war. Eine solche Drucksituation schätzen übrigens professionelle Störer als Beklagte, weil daraus Kapital geschlagen werden kann.

Was das Gericht – unter Beanstandung der Aktivlegitimation – verlangt, ist nicht erfüllbar. Es erwartet einen Nachweis in Form der Eintragung der Gesellschaft in das Grundbuch, erklärt aber gleichzeitig, dies sei nach seiner, des Gerichts Auffassung (wie auch nach h. M.) – wegen fehlender Grundbuchfähigkeit der GbR – nicht möglich.

Außerdem: Der zugrundeliegende Gedankengang ist evident fehlerhaft, mit der eigenen Überzeugung des Gerichts von der mangelnden Grundbuchfähigkeit der GbR unvereinbar und beruht auf falsch verstandener Interpretation der neuen BGH-Rechtsprechung zur GbR.

Folgende Überlegung liegt offensichtlich dem Beschluß des Gerichts zugrunde: Nach der neuen Rechtsprechung des BGH ist die GbR prozeßfähig, kann (oder muß gar, vgl. WAGNER, a. a.O.) also selber klagen (allerdings nicht selber unter ihrem Namen ohne die einzelnen Gesellschafter im Grundbuch eingetragen sein). Im Grundbuch eingetragen sind die 144 Gesellschafter. Diese sind nicht identisch mit der – nach neuer Rechtslage prozeßfähigen – GbR. Also fehlt der GbR die Aktivlegitimation.

Diese Folgerung beruht auf einer falschen, mindestens unvollständigen Hypothese im Untersatz. Es ist zwar richtig, daß die GbR und ihre Gesellschafter nicht identisch sind. Richtig ist auch, daß die Gesellschafter im Grundbuch eingetragen sind. Das Gericht verkennt jedoch, daß im Grundbuch nach den 144 Gesellschaftern (zwingend bei der BGB-Gesellschaft) ausdrücklich der Zusatz steht: „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“. Die in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit als GbR eingetragenen 144 Gesellschafter bilden also die GbR. Diese Partei ist identisch mit der klagenden GbR, gleichgültig ob die GbR unter Erwähnung aller 144 Gesellschafter („als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“) oder unter ihrem verkürzten Namen auftritt. Diese Rechtslage hat der BGH soeben durch Entscheidung v. 25. 9. 2006 – II ZR 218/05 bestätigt: „Der Zusatz ,als GbR’ macht unzweifelhaft deutlich, daß die Eigentümerin der Liegenschaft die GbR ist.“

Im Ergebnis verlangt das Landgericht Berlin demgegenüber mit der Aufforderung zur Vorlage eines Grundbuchauszugs, der die Gesellschaft selbst und nicht nur ihre Gesellschafter als Eigentümer ausweist, Unmögliches, nämlich eine vorherige Grundbuchberichtigung, die es nach der eigenen Auffassung des Gerichts im Hinweisbeschluß gerade nicht geben kann. Unmögliches darf im Recht nicht verlangt werden.

Im übrigen: Selbst wenn die Rechtsprechung – zu einem späteren Zeitpunkt – einmal zu dem Ergebnis käme, daß die GbR grundbuchfähig ist, würde kein Grundbuchbeamter eine Berichtigung des Grundbuchs in der Weise vornehmen, daß statt der bisher eingetragenen Gesellschafter zur gesamten Hand die Gesellschaft als solche eingetragen wird. Es müßten sonst alle Grundbücher in dieser Richtung berichtigt werden, ohne daß hierfür irgendeine Notwendigkeit, ja überhaupt eine Möglichkeit ersichtlich ist. Umso mehr gilt dies natürlich, solange die Rechtsprechung die BGB-Gesellschaft als solche als nicht grundbuchfähig ansieht (vgl. OLG Celle NJW 2006, 2194). Infolgedessen kann eine BGB-Gesellschaft bisher und in absehbarer Zukunft nach heutiger Rechtslage nur durch die gesamthänderische Verbundenheit ihrer einzelnen Gesellschafter im Grundbuch eingetragen sein. Würde man mit Rücksicht hierauf dieser BGB-Gesellschaft – wenn sie in Übereinstimmung mit der neuen Rechtsprechung des BGH unter ihrem Namen klagt – die Aktivlegitimation absprechen, ohne daß diese in irgendeiner Weise in der Lage wäre eine veränderte Eintragung herbeizuführen, würde die BGB-Gesellschaft in ihrer bisherigen gesamthänderischen Verbundenheit aller Gesellschafter rechtlos gestellt. Sie könnte keinerlei Prozesse führen, die etwa eine Berichtigung des Grundbuchs oder sonstige Grundbuchvorgänge zur Folge haben. Die vom BGH anerkannte Teilrechts- und Prozeßfähigkeit wäre Makulatur.

Eine Stellungnahme der Klagepartei mit diesem Inhalt hat das Landgericht Berlin nicht beeindruckt. Es erläßt einen neuen Hinweisbeschluß:

„Das Gericht weist nochmals darauf hin, daß bei Ansprüchen auf Grundbuchberichtigung im Sinne des § 894 BGB der Eigentümer aktivlegitimiert ist. Die Eigentümerstellung der Klägerin ist nicht ersichtlich, da nicht sie, sondern ihre Gesellschafter im Grundbuch eingetragen sind. Auch ein Zusatz „als Gesellschafter einer GbR“ begründet kein Eigentum der Gesellschaft. Insoweit geht das Gericht davon aus, daß die einzelnen Gesellschafter Grundstückseigentümer und damit Berechtigte des behaupteten Anspruches auf Grundbuchberichtigung sind.“

Die Hinweisbeschlüsse zeigen: Die neue Rechtsprechung des BGH zur Teilrechts- und Prozeßfähigkeit der BGB-Gesellschaft wurde offensichtlich nicht richtig erfaßt und verarbeitet. Weder ein einzelner, noch einige oder auch alle einzelnen Gesellschafter können entsprechende Rechte geltend machen. Das kann nur die GbR insgesamt, auch wenn man sie nur in der gesamthänderischen Verbundenheit ihrer Gesellschafter definiert.

2. Folgerungen aus der Teilrechtsfähigkeit der GbR
Man kann durchaus Verständnis dafür haben, daß die neue Rechtsprechung des BGH, die die Außen-GbR als rechts- und parteifähig behandelt, zu einiger Verwirrung beitragen kann. Aber zu solchen logischen Kapriolen des Gerichts in der Hauptstadt sollte sie dann doch nicht führen. Denn die Hinweisbeschlüsse des Landgerichts Berlin beruhen auf folgender fehlerhaften Hypothese:

Das Gericht meint offensichtlich, daß die unter ihrem Namen nach der neuen Rechtsprechung des BGH klagende „XY-GbR“ etwas anderes, ein anderes Rechtssubjekt sei, als die im Grundbuch eingetragenen 144 Gesellschafter „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“. Deshalb kommt das Gericht zu der Auffassung, die Klägerin des Rechtsstreits sei nicht identisch mit der eingetragenen Partei. Das ist falsch. Die Veränderung einer rechtlichen Beurteilung der BGB-Gesellschaft (durch die Rechtsprechung) verändert nicht deren Identität. Eingetragen sind die im Grundbuch aufgeführten Gesellschafter in Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Eigentümerin des Grundstückes und damit Berechtigte des Grundbuchberichtigungsanspruches ist also die Verbundenheit aller Gesellschafter „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, nicht ein einzelner oder alle einzelnen Gesellschafter für sich. Diese „Wirkungseinheit“ aller gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter ist identisch mit der unter ihrem Namen klagenden „XY- Fonds GbR“, also kein von dieser verschiedenes Rechtssubjekt. Die Rechtsprechung des BGH führt – im prozessualen Bereich – nur dazu, daß man eine Teilrechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft und konsequent auch Prozeßfähigkeit in der Weise annimmt, daß nunmehr – im konkreten Fall anstelle von 144 Personen in Gesellschaft bürgerlichen Rechts – die Gesellschaft im Rechtsverkehr und damit auch im Rahmen eines Grundbuchberichtigungsprozesses unter ihrem Namen „XY-GbR“ klagen kann. Die klagende Gesellschaft ist also identisch mit der im Grundbuch eingetragenen. Die unterschiedliche rechtliche Betrachtungsweise verändert das „Rechtssubjekt“ BGB-Gesellschaft nicht. Man kann die BGB-Gesellschaft in der einen oder anderen Weise rechtlich beurteilen. Dennoch bleibt diese GbR mit sich selbst identisch.

Eine veränderte Beurteilung der Teilrechts- und Prozeßfähigkeit durch die Rechsprechung kann also nicht zu einem Austausch des Rechtssubjekts führen. Ob die BGB-Gesellschaft unter ihrem Namen „XY-GbR“ oder im Namen aller Gesellschafter „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ klagt: In beiden Fällen handelt es sich um dieselbe Partei. Zweifel an der Aktivlegitimation sind verfehlt.

An der Aktivlegitimation der eingetragenen 144 Gesellschafter „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ kann auch dann, wenn die Gesellschaft nur unter ihrem Namen klagt, nicht der geringste Zweifel bestehen. Die Tatsache, daß die Rechtsprechung sich geändert hat, nunmehr der Gesellschaft unter verkürztem Namen das Klagerecht zubilligt und diese als teilrechtsfähig anerkennt, führt nicht zu einer Aufspaltung in zwei verschiedene Rechtspersönlichkeiten, nämlich eine eingetragene Gesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts von 144 Gesellschaftern und eine neue fiktive Gesellschaft, die als solche – so offensichtlich auch die Auffassung des Landgerichts Berlin – unter diesem Namen im Grundbuch eingetragen werden müßte (aber nach der Auffassung des Landgerichts Berlin von der mangelnden Grundbuchfähigkeit gerade nicht dürfte), um die Aktivlegitimation zu erlangen.

Die Hinweisbeschlüsse des Landgerichts Berlin laufen letztlich darauf hinaus, daß in derartigen Fällen niemand mit Erfolg einen Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 894 BGB geltend machen kann. Die eingetragenen Gesellschafter „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ deshalb nicht, weil das Gericht die Auffassung vertritt, nach der neuen Rechtsprechung sei nur noch die GbR unter ihrem verkürzten Namen aktivlegitimiert (vgl. WAGNER, a. a. O.), die klagende Gesellschaft unter ihrem verkürzten Namen nicht, weil sie nicht im Grundbuch eingetragen ist und kein Grundbuchbeamter sie jemals im Wege der Berichtigung anstelle der 144 Gesellschafter in Gesellschaft bürgerlichen Rechts eintragen wird. Im Ergebnis führt das zur Rechtsverweigerung zu Lasten der GbR, weil die Konsequenzen der neuen Rechtsprechung zur Teilrechts- und Prozeßfähigkeit der GbR offensichtlich falsch verstanden werden und noch nicht endgültig durchdacht sind (vgl. zur „Grundlagenungewißheit des deutschen Gesellschaftsrechts“ BEUTHIEN NJW 2005, 855).

Hinweis:
Der BGH hat im übrigen im Fall einer Klageerhebung durch alle Gesellschafter (ohne Hinweis auf deren Verbundenheit in Gesellschaft bürgerlichen Rechts) eine Klagabweisung der Vorinstanz wegen angeblich fehlender Aktivlegitimation aufgehoben und eine Berichtigung der Rubrums (und zwar keinesfalls nur für Altfälle, wie NEUHAUS/UHLAND ZAP F. 5 R, S. 493, 513 ausführen) auf die GbR zugelassen (BGH IBR 2006, 261, ZAP F. 5 R, S. 513). Damit bestätigt er die Parteiidentität sogar für den Fall, daß die Gesellschafter ohne Hinweis auf ihre Stellung als Gesellschafter bürgerlichen Rechts klagen. Denn sonst wäre statt einer bloßen Rubrumsberichtigung ein Parteiwechsel und damit eine Klageänderung erforderlich (vgl. THOMAS/PUTZO, ZPO, 24. Aufl., Vorb. 20 ff. vor § 50).

Erst recht kann an der Parteiidentität und damit der Aktivlegitimation kein Zweifel bestehen, wenn die Klage der Gesellschafter – korrekt – „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ erhoben wird (vgl. BGH NJW-RR 2004, 275).

III. Fazit
Richtig dürfte deshalb sein: Einzelne Gesellschafter können wegen der Aktivlegitimation der GbR selbst Gesamthandsforderungen nicht mehr im Wege gewillkürter Prozeßstandschaft geltend machen. Dafür besteht heute kein Bedürfnis mehr. Nach der neueren Auffassung zur GbR kann m. E. die Gesellschaft aber unter ihrem Namen („XY-Fonds-GbR“) ebenso klagen wie statt dessen die 144 namentlich aufzuführenden Gesellschafter „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“.

Allerdings: Eine Erhöhungsgebühr nach RVG kann der Rechtsanwalt nicht beanspruchen, weil der einfachere und billigere Weg der 1. Alternative zur Verfügung steht (vgl. auch SCHNEIDER/WOLF, RVG VV 1008 Rn. 12).

Die Irrungen und Wirrungen um Aktivlegitimation und Grundbuchfähigkeit der GbR zeigen: Die Konsequenzen der neuen Rechtsprechung des BGH zur Teilrechts- und Prozeßfähigkeit der GbR sind bei weitem noch nicht bewältigt. Man wird darüber noch intensiv nachzudenken haben.