jurisPR-BGHZivilR 49/2007 Anm. 2

Vorausabtretung von Forderungen aus einem Bauträgervertrag
Anm. zu BGH, Urteil vom 11.10.2007 - VII ZR 235/05
Dr. Ekkehart Reinelt, Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

Leitsatz

Die sicherungshalber erfolgende Vorausabtretung der dem Bauträger gegen einen Erwerber zustehenden Vergütungsforderung an die finanzierende Bank ist grundsätzlich nicht wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 MaBV i.V.m. § 12 MaBV, § 134 BGB unwirksam.

A. Problemstellung
Verstößt die Vorausabtretung einer Forderung durch den Bauträger an die finanzierende Bank vor Fälligkeit gegen die Sicherungsvorschriften der MaBV und damit gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB mit der Folge der Unwirksamkeit dieser Vorausabtretung?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Klägerin verlangt von dem Insolvenzverwalter die Übertragung des Eigentums an zwei Eigentumswohnungen.

Diese Wohnungen hat die Klägerin in einer vom Insolvenzschuldner als Bauträger zu errichtenden Wohnanlage gekauft. Für das Vertragsverhältnis maßgebend war unter anderem die MaBV.

Der Bauträger hatte nach der MaBV noch nicht fällige Kaufpreisansprüche an die finanzierende Bank bereits vor Abschluss der Erwerbsverträge als Sicherheit für bestehende und künftige Forderungen aus der Geschäftsverbindung abgetreten. Diese Abtretung wurde der Klägerin nach Vertragsabschluss angezeigt.

Nachdem diese zunächst Raten an die Zessionarin gezahlt hatte, leistete sie später weitere Ratenzahlungen auf ein Konto des Bauträgers bei der Bank, für das der Ehemann der Klägerin eine Kontokorrentbürgschaft übernommen hatte. Im Übrigen rechnete sie bezüglich restlicher Vergütungsforderungen des Bauträgers mit einer an sie abgetretenen, ihrem Ehemann gegen den Bauträger zustehenden Forderung auf.

Mit einer Nachtragsvereinbarung zwischen Bauträger und Erwerberin wurden die Preise für den Erwerb der beiden Wohnungen herabgesetzt. Gleichzeitig haben die Parteien vereinbart, dass die Klägerin den Innenausbau der zu errichtenden Eigentumswohnungen selbst durchführen solle. Gleichwohl nahm in der Folgezeit der Bauträger tatsächlich den Innenausbau vor.

Die Klägerin hat beantragt, den Bauträger, nach dessen Insolvenz den Insolvenzverwalter, zu verurteilen, das Eigentum an den beiden Wohnungen an die Klägerin aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen.

Da die Auflassung jedoch bereits in der notariellen Urkunde enthalten war, stellte die Klägerin später ihren Antrag um. Sie klagt mit dem Ziel, den Notar anzuweisen, die zur Eintragung der Klägerin als Eigentümerin bereits beurkundeten Erklärungen beim Grundbuchamt zum Vollzug der Eigentumsumschreibung einzureichen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin erbrachten Zahlungen (nach den ersten Zahlungen an die Zessionarin) hätten keine Erfüllungswirkung, weil der Bauträger die Kaufpreisforderungen wirksam abgetreten und die Klägerin darüber informiert habe (§ 407 Abs. 1 BGB).

Die nachträglichen Vereinbarungen über die Reduzierung der Kaufpreise hat das Berufungsgericht als Scheingeschäft interpretiert. Alle Parteien seien sich darüber einig gewesen, dass trotz dieser Vereinbarung der Innenausbau tatsächlich von der Bauträgerin durchzuführen gewesen sei. Dies sei auch geschehen. Deshalb schulde die Klägerin die Kaufpreise in ursprünglich vereinbarter Höhe.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde. Sie führt aus: Wenn eine Abtretung keine ausdrückliche Zweckbindungsklausel im Abtretungsvertrag enthält, sondern zur Sicherung aller möglichen Ansprüche des Zessionars (der Bank) gegen den Zedenten erfolgt, werde die Verpflichtung zur zweckgebundenen Verwendung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 MaBV unterlaufen. Auch verstoße die Abtretung gegen § 6 Abs. 1 MaBV, wonach der Gewerbetreibende Vermögenswerte des Auftraggebers von seinem Vermögen und demjenigen anderer Auftraggeber getrennt zu verwalten hat, soweit es sich nicht um vertragsgemäß entsprechend den Fälligkeiten des § 3 Abs. 2 oder 3 MaBV nicht geleistete Zahlungen handelt.

Der VII. Zivilsenat des BGH hat die Revision zugelassen und damit die grundsätzliche Bedeutung des Falles i.S.d. § 543 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO bejaht. Gleichwohl hat die Revision keinen Erfolg.

Ein Anspruch auf Auflassung (oder auf Anweisung an den Notar, die Auflassung zum Vollzug vorzulegen) könne grundsätzlich nur bestehen, wenn die Klägerin vollständige Zahlung geleistet hat. Dies sei aber wegen der wirksamen Abtretung nicht der Fall. Das Berufungsgericht gehe im Ergebnis zutreffend davon aus, dass den Zahlungen der Erwerberin an den Bauträger in Kenntnis der Zession an die finanzierende Bank keine schuldbefreiende Wirkung zukomme. Entgegen der Auffassung der Revision ist nach Auffassung des BGH die Vorausabtretung der Vergütungsforderungen nicht wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Nr. MaBV i.V.m. § 12 MaBV, § 134 BGB unwirksam. Der Bauträger entziehe sich durch eine Vorausabtretung entsprechender Forderungen vor Fälligkeit der Verwendungspflicht des § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 12 MaBV nicht.

Es bedürfe nicht der ausdrücklichen Vereinbarung einer Zweckbindungsklausel im Abtretungsvertrag mit dem Zessionar. Denn unabhängig von einer ausdrücklichen Vereinbarung enthält die Abtretung an den finanzierenden Gläubiger ohnehin immanent die Verpflichtung für den Zessionar, eingehende Zahlungen des Erwerbers vorrangig im Rahmen der Finanzierung des konkreten Bauvorhabens einzusetzen, insbesondere zur Tilgung von Krediten, die für die Durchführung dieses Bauvorhabens ausgegeben wurden.

Die weitere Frage, ob – so das Berufungsgericht – mit der nachträglichen Abänderungsvereinbarung, durch die die Kaufpreise reduziert und der Innenausbau aus dem Vertragsverhältnis herausgenommen worden waren, ein Scheingeschäft abgeschlossen wurde, hat der BGH als tatrichterliche Würdigung hingenommen und die entsprechenden Rügen der Revision als nicht durchgreifend erachtet. Insoweit hat der Senat auf eine weitere Begründung nach § 564 ZPO verzichtet.

C. Kontext der Entscheidung
Die entscheidende Rechtsfrage bestand darin, ob eine Vorausabtretung von Forderungen des Bauträgers gegen die finanzierende Bank zu einem Zeitpunkt vor Fälligkeit dieser Forderungen nach § 3 MaBV die Sicherungspflichten der MaBV verletzt und deshalb nach § 134 BGB nichtig sein kann. Insbesondere war die Frage zu klären, ob eine solche Abtretung nur dann als wirksam behandelt werden kann, wenn sie entsprechende Zweckbindungsbeschränkungen für den Abtretungsempfänger enthält. Dieser Auffassung tritt der BGH entgegen. Die MaBV enthält kein Abtretungsverbot. Ihre Vorschriften hindern eine Abtretung, auch eine Vorausabtretung, nicht (so auch OLG Brandenburg, Urt. v. 30.10.2003 - 5 U 17/03 - IBR 2004, 74).

In der „Bauträger I“-Entscheidung hatte der VII. Zivilsenat (BGH, Urt. v. 22.12.2000 - VII ZR 310/99 - BGHZ 146, 250) die Auffassung vertreten, dass die MaBV nur verwaltungsrechtliche Ordnungsvorschriften enthält, die keinen zivilrechtlichen Charakter haben. Ein Verstoß gegen die MaBV führt dazu, dass die Vorschriften des BGB gelten. Über § 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB kann ein Verstoß gegen MaBV-Regelungen zur Nichtigkeit von Rechtsgeschäften führen (vgl. auch BGH, Urt. v. 22.03.2007 - VII ZR 268/05 - NJW 2007, 1947).

Gegen ein solches Verbot verstößt aber die Vorausabtretung des Kaufpreises auch dann nicht, wenn eine ausdrückliche Zweckbindungsvereinbarung im Abtretungsvertrag nicht enthalten ist. Die Abtretung von Ansprüchen aus Bauträgerverträgen an den Grundpfandgläubiger ist ohne weiteres zulässig und entspricht der tatsächlichen Handhabung in der Praxis. Eine solche Abtretung liegt vor allem auch im Interesse des Erwerbers (BGH, Urt. v. 10.06.1983 - V ZR 252/80 - NJW 1984, 169, 171). Denn durch eine solche Zession wird vermieden, dass der Bauersteller seine Forderung anderweitig abtritt oder seine Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung auf die Forderung zugreifen können. Deshalb entspricht es dem Sinn des § 4 MaBV, dass die vom Erwerber eingehenden Gelder dem Gläubiger zur Verfügung gestellt werden, der das Objekt finanziert hat.

Eine Vorausabtretung verstößt auch nicht gegen die Verpflichtung zur Verwahrung der Vermögenswerte des Auftraggebers i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 MaBV. Denn die Abtretung ist nicht identisch mit der Entgegennahme einer Zahlung. Sie verändert nur die Rechtszuständigkeit, führt aber nicht dazu, dass der Zessionar bereits in den Besitz von Zahlungsmitteln gelangt. Diese erhält er vielmehr ebenso wie der Zedent erst bei Fälligkeit der Forderung. Die Tatsache, dass eine Abtretung zu einem umfassenden Sicherungszweck für den Zessionar erfolgt, den dieser als finanzierende Bank vorgibt, ändert nichts daran, dass der Anspruch durch Abtretung vom Zessionar nur in der Form erworben wird, in der er in der Hand des ursprünglich Berechtigten (des Zedenten) bestand. Deshalb geht der BGH auch zutreffend davon aus, dass die (Voraus-)Abtretung auch ohne ausdrückliche Beschränkung der Zweckbindung im Abtretungsvertrag stillschweigend die Abrede enthält, dass die objektbezogene Verwendung der vom Käufer geleisteten Zahlung gesichert ist (hierzu auch Grziwotz, MaBV, 2005 § 5 Rn. 5).

D. Auswirkungen für die Praxis
Die Zulässigkeit der Vorausabtretung auch ohne ausdrückliche Zweckbindungsvereinbarung im Abtretungsvertrag ist rechtlich unbedenklich und praktisch unabdingbar notwendig. Eine solche Abtretung muss als wirksam behandelt werden, weil anderenfalls die Finanzierung von Bauträgergeschäften durch Globalgrundpfandgläubiger, die selbstverständlich auf der Abtretung entsprechender Ansprüche gegen den Erwerber bestehen, überhaupt nicht denkbar wäre. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Abtretung an die finanzierende Bank möglich sein muss, wobei sich die ausdrückliche Vereinbarung einer Zweckbindungsklausel deshalb erübrigt, weil sie auch ohne ausdrückliche Formulierung selbstverständlicher Inhalt einer Abtretung an die finanzierende Bank ist.

Dementsprechend empfiehlt die Literatur auch, dass sich der Globalgrundpfandgläubiger sämtliche Ansprüche des Bauträgers gegen den Auftraggeber schon im Rahmen der Freistellungserklärung abtreten lässt und die Zahlungen nur auf ein bei ihm geführtes Konto geleistet werden dürfen (Marcks, MaBV, 7. Aufl. § 3 Rn. 3, m.w.N.). Folge einer solchen rechtswirksamen Abtretung an den finanzierenden Gläubiger ist, dass der Erwerber durch Zahlung an den Bauträger als Zedenten nach Kenntnis der Abtretung (§ 407 BGB) nicht mehr schuldbefreiend, sondern an einen Nichtberechtigten ohne Erfüllungswirkung leistet.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Dem zunächst gestellten Klageantrag auf Auflassung fehlte das Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Auflassung war bereits im Bauträgervertrag enthalten. Es fehlte lediglich die Anweisung an den Notar, die Auflassung zum Vollzug vorzulegen. Offensichtlich haben die Instanzgerichte – zutreffend – im Rahmen der Hinweis- und Prozessförderungspflicht nach § 139 ZPO (hierzu Reinelt, Bayerischer Anwaltbrief, November 2007, 1) auf eine Änderung des Klageantrags hingewirkt. Der Antrag, den Notar zu verurteilen, die Auflassung vorzulegen, ist allerdings bereits als Minus im Antrag auf Auflassung enthalten.

Der Senat hat auf den Antrag der Revisionsbeklagten den Streitwert des Verfahrens abweichend von den Instanzgerichten festgesetzt. Diese hatten die Auffassung vertreten, dass der zuletzt gestellte Antrag auf Anweisung an den Notar, eine bereits vollzogene Auflassung beim Grundbuchamt vorzulegen, geringer zu bewerten sei als die Geltendmachung eines Anspruchs auf Auflassung selber. Mit Recht hat der Senat den Gebührenstreitwert nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO nach dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin bemessen. Dieses bestimmt sich nach dem Betrag, den die Klägerin noch hätte zahlen müssen, um die begehrte Anweisung an den Notar durchsetzen zu können. Die Klage auf Auflassung und die Klage auf Anweisung an den Notar, die Auflassung zu vollziehen, unterscheiden sich daher – was das wirtschaftliche Interesse des Klägers angeht – nicht. Mit den entsprechenden Ausführungen in seinem Streitwertfestsetzungsbeschluss vom 11.10.2007 (VII ZR 235/05) bestätigt der BGH damit eine frühere Entscheidung (BGH, Beschl. v. 06.12.2001 - VII ZR 420/00 - NJW 2002, 684: Wertberechnung nach § 3 ZPO anhand der streitigen Gegenforderung).