jurisPR-BGHZivilR 34/2007 Anm. 4

Verpflichtung des Kapitalanlegers aus Darlehensvertrag trotz Verstoßes gegen das RBerG
Anm. zu BGH, Urteil vom 22.05.2007 - XI ZR 337/05
Dr. Ekkehart Reinelt, Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

Orientierungssatz des Autors

Die prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO mit dem Ziel der Aufhebung eines Vollstreckungstitels als unwirksam kann mit der Vollstreckungsgegenklage aus § 767 ZPO verbunden werden.

Der Kapitalanleger kann nach § 242 BGB auch dann aus einem Darlehensvertrag verpflichtet sein, wenn die Vollmacht des für ihn Handelnden wegen Verstoßes gegen das RBerG nichtig ist. In einem solchen Fall kann der Kapitalanleger - obwohl nicht selber handelnd - nach Rechtscheingrundsätzen gemäß §§ 172 ff. BGB aus dem Darlehensvertrag verpflichtet sein mit der Folge, dass er sich gemäß § 242 BGB nicht gegen die Vollstreckung aus dem an sich unwirksamen Vollstreckungstitel wehren kann.

A. Problemstellung
Seit die Rechtsprechung des BGH zum Schutz von Verbrauchern bei Bauträger- und Fondsmodellen das aus dem Jahr 1935 stammende Rechtsberatungsgesetz (früher: Rechtsberatungsmissbrauchgesetz) aus der Versenkung geholt und ihm einen ungeahnt weiten Anwendungsbereich eröffnet hat (BGH, Urt. v. 18.09.2001 - XI ZR 321/00 - NJW 2001, 3774; BGH, Urt. v. 28.09.2000 - IX ZR 279/99 - NJW 2001, 70), gibt es eine Fülle von Entscheidungen des BGH, mit denen die Unwirksamkeit entsprechender Vertragsgestaltungen – seien es Treuhand- oder Geschäftsbesorgungsmodelle – unter Berufung auf Art. 1 § 1 RBerG ausgesprochen worden ist (BGH, Urt. v. 22.10.2003 - IV ZR 33/03 - NJW 2004, 62; BGH, Urt. v. 16.03.2004 - XI ZR 60/03 - NJW 2004, 2090; BGH, Urt. v. 23.03.2004 - XI ZR 194/02 - NJW 2004, 2378; BGH, Urt. v. 14.06.2004 - II ZR 393/02 - NJW 2004, 2736; BGH, Urt. v. 20.04.2004 - XI ZR 164/03 - NJW 2004, 2745; zu den Konsequenzen dieser gefestigten, wenngleich fragwürdigen Rechtsprechung vergleiche Reinelt, Treuhandschaft und Rechtsberatung, ZAP Kolumne 2002, S. 315). Tätigkeiten von Treuhändern und Geschäftsbesorgern verstoßen nach dieser Neuentdeckung des BGH auch dann gegen die Vorschriften des RBerG, wenn dem Bevollmächtigten bei fertig ausgearbeiteten Vertragskonstruktionen keinerlei Entscheidungsspielraum verbleibt. Die Folge: Eine Fülle von entsprechenden Vertragswerken ist nichtig und muss rückabgewickelt werden.

In den letzten Jahren rudert der BGH – jedenfalls was die Ergebnisse angeht – zurück (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 18.07.2006 - XI ZR 143/05 - NJW 2006, 2980; BGH, Urt. v. 25.04.2006 - XI ZR 29/05 - NJW 2006, 1952; BGH, Urt. v. 25.04.2006 - XI ZR 106/05 - NJW 2006, 1955, BGH, Urt. v. 25.04.2006 - XI ZR 219/04 - NJW 2006, 1957; BGH, Urt. v. 25.04.2006 - XI ZR 193/04 - BGHZ 167, 252, vgl. auch Kleine-Cosack, BB 2003, 1737). An der behaupteten Nichtigkeit entsprechender Vertragswerke wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz wird allerdings nicht gerüttelt. Roma locuta, causa finita. Dementsprechend wird in Entscheidungen durchweg beteuert, man halte unverändert an der Rechtsprechung von der Nichtigkeit entsprechender Verträge wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz fest. Immer häufiger wird diese Nichtigkeit aber im Ergebnis durch Überlegungen zum Rechtschein (§§ 172 ff. BGB) und zu § 242 BGB überspielt (BGH, Urt. v. 17.10.2006 - XI ZR 19/05 - NJW 2007, 1813; BGH, Urt. v. 01.02.2007 - III ZR 281/05 - NJW 2007, 1130) mit der Folge, dass der Kapitalanleger aus der angeblichen Nichtigkeit nichts für sich herleiten kann.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Kläger haben sich an einem Bauträgermodell beteiligt und einen umfassenden Geschäftsbesorgungsauftrag zum Erwerb einer Eigentumswohnung mit einem Geschäftsbesorger geschlossen. Diesem wurde auch Vollmacht erteilt, sie bei Vorbereitung und Durchführung des Erwerbs zu vertreten. Die Geschäftsbesorgerin sollte Kaufvertrag und Darlehensverträge für die Erwerbsinteressenten abschließen, die dinglichen und persönlichen Sicherheiten bestellen und die Erwerber durch Abgabe von Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärungen verpflichten können. Im Vollzug dieses Vertragwerks und auf Grund der entsprechenden Vollmachten unterwarf der Geschäftsbesorger im Rahmen des Vertragswerks die Erwerber der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes persönliches Vermögen nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Gleichzeitig schloss er für die Kläger mit der beklagten Bank zwei Realkreditverträge ab, die ihrerseits die Verpflichtung der Darlehensnehmer enthielten, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise zu unterwerfen, dass die Zwangsvollstreckung in das Grundbuch gegen jeden künftigen Eigentümer zulässig sein und die sofortige Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen der Darlehensnehmer möglich sein sollte.

In der Folgezeit stellten die Kläger die Zahlungen der Raten auf das vereinbarte Darlehen ein. Die Beklagte kündigte die Kredite und betrieb aus den Zwangsvollstreckungsunterwerfungen die Vollstreckung in das persönliche Vermögen der Kläger.

Dagegen klagten die Darlehensnehmer. Neben einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO, mit der sie Einwendungen gegen den titulierten materiell-rechtlichen Anspruch erhoben, machten sie zusätzlich die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels geltend.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Bank blieb ohne Erfolg. Der IV. Zivilsenat des BGH hatte zunächst der Nichtzulassungsbeschwerde der beklagten Bank den Erfolg versagt. Das BVerfG hat jedoch diese Entscheidung auf Verfassungsbeschwerde der Beklagten aufgehoben und die Sache an den BGH zurückverwiesen. Er hatte die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen mit Hinweis darauf, dass die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgezeigten Rechtsfragen durch Urteile des Senats vom gleichen Tage im Parallelverfahren geklärt worden seien. Auf die Verfassungsbeschwerde der Bank hat das BVerfG diese Entscheidung aufgehoben. Sie verletze die Beschwerdeführerin in ihrem Justizgewährungsanspruch auf Zugang zu einem gesetzlich eröffneten Rechtsmittel. Das BVerfG bejaht einen Grundrechtsverstoß gegen Art. 3, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG. Zum Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde sei diese aussichtsreich gewesen. Der Beschwerdeführer habe also davon ausgehen können, dass in einem Revisionsverfahren über die im allgemeinen Interesse liegende Klärung der Zulassungsfragen hinaus in seinem individuellen Interesse eine volle Überprüfung des Berufungsurteils auf Rechtsfehler stattfinde. Diese Position könne durch Parallelentscheidungen, die nachträglich ergehen, nicht in Frage gestellt werden (BVerfG, Beschl. v. 25.07.2005 - 1 BvR 2419/03 und 1 BvR 2420/03).

Deshalb hat das BVerfG die angegriffene Vorentscheidung des IV. Zivilsenats (Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde) aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. In dem neuen Verfahren vor dem OLG Bamberg hat dieses die Revision zugelassen. In der Revision vor dem XI. Zivilsenat wurde der Klagabweisungsantrag weiterverfolgt. Der XI. Zivilsenat des BGH hat nunmehr das angefochtene Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zurückverwiesen.

Er führt zur Begründung aus: Es handelt sich bei den Klageanträgen um die zulässige Verbindung einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO mit einer prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 14.05.1992 - VII ZR 204/90 - BGHZ 118, 229, 236; BGH, Urt. v. 15.03.2005 - XI ZR 135/04 - WM 2005, 828, und BGH, Urt. v. 18.11.1993 - IX ZR 244/92 - BGHZ 124, 164, 170). Mit dieser prozessualen Gestaltungsklage wird die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels geltend gemacht.

Die Ansicht des Berufungsgerichts sei im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei. Die der Geschäftsbesorgerin erteilte Vollmacht zur Abgabe der Vollstreckungsunterwerfungserklärung sei wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksam. Der unwirksame Titel könne deshalb mit Erfolg mit der genannten prozessualen Gestaltungsklage angegriffen werden. Die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages nach den Vorschriften des RBerG erfasse auch die Prozessvollmacht zur Abgabe einer Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Entgegen der Auffassung der Revision sei die unwirksame Prozessvollmacht auch nicht aus Rechtscheingesichtspunkten analog §§ 172 ff. BGB als gültig zu behandeln. Diese Vorschriften – so der BGH – gelten für die erteilte prozessuale Vollmacht nicht. Er verweist in diesem Zusammenhang auf seine ständige Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 26.03.2003 - IV ZR 222/02 - BGHZ 154, 283; BGH, Urt. v. 21.06.2005 - XI ZR 88/04 - WM 2005, 1520; BGH, Urt. v. 28.03.2006 - XI ZR 239/04 - WM 2006, 853, und BGH, Urt. v. 17.10.2006 - XI ZR 185/05 - WM 2007, 110).

Allerdings sei es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Klägern nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Nichtigkeit der materiellen Vollstreckungsunterwerfung zu berufen. Denn nach den Darlehensvertrag seien die Erwerber ohnehin verpflichtet gewesen, ein selbstständiges Schuldversprechen mit einer Vollstreckungsunterwerfung abzugeben (§ 780 BGB). Sie verhielten sich also treuwidrig (§ 242 BGB), wenn sie versuchen würden, aus der bisherigen Nichterfüllung der Verpflichtungen Vorteile zu ziehen. Denn ungeachtet der Unwirksamkeit der Vollmacht des Geschäftsbesorgers auch bei Abschluss der Darlehensverträge seien die Kläger aus dem Darlehensvertrag zumindest nach Rechtscheingrundsätzen verpflichtet worden. Aus den (vom Geschäftsbesorger für sie abgeschlossenen und damit) als wirksam zu behandelnden Darlehensverträgen ergebe sich auch für die Kläger die Verpflichtung als Darlehensnehmer aus den vom Geschäftsbesorger für sie abgeschlossenen Darlehensverträgen.

In diesem Zusammenhang entspreche es auch regelmäßiger Praxis, dass der Grundschuldbesteller sich bei Bankdarlehen regelmäßig der Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen unterwerfen müsse. Ein solches Verlangen sei auch nicht überraschend. Die entsprechenden Klauseln verstoßen nicht gegen § 9 AGBG (jetzt: § 307 BGB). Vom wirksamen Zustandekommen der Darlehensverträge sei ungeachtet der nichtigen Abschlussvollmacht nach Rechtscheingrundsätzen auszugehen. Wenn – wie im vorliegenden Fall geschehen – bei Abschluss der Darlehensverträge eine Ausfertigung der Vollmacht vorgelegt worden sei, seien die Darlehensverträge nach § 172 Abs. 1 BGB nach Rechtscheingrundsätzen wirksam. Dazu habe das Berufungsgericht jedoch keine ausreichenden Feststellungen getroffen.

C. Kontext der Entscheidung
Die jahrzehntelange frühere Rechtsprechung des BGH, die entsprechende Vertragsgestaltungen niemals als gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßend moniert hatte, wurde durch die neue Rechtsprechung – beginnend ab 2001 – konterkariert. Die damals überraschende neue Erkenntnis der Senate des BGH, entsprechende Vertragsgestaltungen verstießen gegen das Rechtsberatungsgesetz, greift tief in vergangene Vertragsgestaltungen ein und hat echte Rückwirkung. Dazu sagt der BGH im Urteil vom 29.02.1996 (IX ZR 153/95 - BGHZ 132, 119, 129 ff.):

„Allerdings greift die mit Urteil des IX. Zivilsenats des BGH eingeleitete Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Bauträgermodell, die – soweit ersichtlich – bis dahin keine Bedenken gegen den Abschluss gesonderter Geschäftsbesorgungsverträge mit einem Treuhänder ... unter dem Gesichtspunkt des Rechtsberatungsgesetzes erhoben hatte, rückwirkend tief weit in abgeschlossene Vorgänge ein. Eine solche Rückwirkung ist aber bei gerichtlichen Urteilen grundsätzlich hinzunehmen. Der Schutz des Vertrauens einer Partei auf die Fortdauer der bisherigen Rechtsprechung kann im Einzelfall zwar eine abweichende Beurteilung gebieten. Das wird aber erst bei einer Rückabwicklung der Verträge zu erwägen sein … .“

Wann eine solche Rückwirkung tatsächlich „hingenommen“ werden muss und wann nicht, ist in der Rechtsprechung unklar. Warum eine Rückwirkung ausgerechnet in den genannten Fällen uneingeschränkt eingreifen soll, in denen Tausende von Anlegern und Milliardeninvestitionen in den vergangenen Jahrzehnten betroffen sind, ist zumindest dieser Begründung nicht zu entnehmen (vgl. auch Reinelt, Vertrauensschutz bei Änderung der Rechtsprechung, BrBp 2003, 44). In anderen Fällen rückwirkenden Eingriffs der Rechtsprechung in abgeschlossene Sachverhalte nach Änderung der Rechtsprechung hat der BGH Vertrauensschutz etabliert. Das gilt zum Beispiel im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Haftungssystems der BGB-Gesellschaft unter Bejahung von deren Rechtssubjektivität durch den BGH (Urt. v. 07.04.2003 - II ZR 56/02 - NJW 2003, 1803, 1805). Eine einheitliche Linie in der Rechtsprechung, wann und warum eine echte Rückwirkung „hingenommen“ werden muss und wann nicht, lässt sich bis heute nicht ausmachen.

Ganz offensichtlich hat die Rechtsprechung aber in den späteren Jahren die gravierenden Konsequenzen ihrer neuen Auffassung zur extensiven Auslegung des Rechtsberatungsgesetzes gesehen und in zahlreichen Entscheidungen die daraus folgenden Ergebnisse über die Konstruktion der Rechtscheinhaftung oder § 242 BGB korrigiert, dies allerdings ohne die Richtigkeit der Rechtsprechung zur Nichtigkeit entsprechender Vertragsgestaltungen wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz insgesamt in Frage zu stellen oder gegebenenfalls den Großen Senat des BGH anzurufen (§ 132 Abs. 2 GVG).

D. Auswirkungen für die Praxis
Die Rechtsprechung wird sich noch viele Jahre lang mit Bauträgermodellen und Immobilienfonds beschäftigen müssen. Nicht in allen Fällen geht es um „Schrottimmobilien“ und einen gebotenen Schutz des Verbrauchers. Vielfach zeigt sich in der Praxis auch, dass Erwerber von Bauträgermodellen oder Gesellschafter von Immobilienfonds den Zug der Zeit in der Rechtsprechung erkannt haben, sich auf diese neue Rechtsprechung des BGH berufen und sich bequemen, aus Vertragsreue Rückabwicklungen zu fordern oder gar damit zu Lasten der Initiatoren ein gutes Geschäft zu machen. Die Rechtsprechung hat das erkannt. Aber statt die fragwürdige Auffassung zur Nichtigkeit entsprechender Vertragsgestaltungen wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz in Frage zu stellen, steuert sie mit Hilfskonstruktionen gegen die Konsequenzen ihrer eigenen früheren Entscheidungen an.

In der hier besprochenen Entscheidung ist die Rede davon, dass der vom Geschäftsbesorger trotz nichtiger Vollmacht wirksam für die Kläger nach Rechtscheingrundsätzen abgeschlossene Darlehensvertrag die Kläger bindet. Er enthält Regelungen, die – so der BGH – den Verbraucher nicht überraschen können, nämlich die Verpflichtung zur Unterwerfung der Zwangsvollstreckung. An diese Regelung sei letztlich der Erwerber nach Rechtscheingrundsätzen gebunden.

Bei dieser Argumentation fragt man sich, warum in Bezug auf die Bindung an den Darlehensvertrag und dessen Inhalt auf dem Umweg über die Konstruktion des Rechtscheins eine andere Wertung stattfindet als im Zusammenhang mit den Überlegungen, die wegen angeblicher Nichtigkeit des Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz zunächst einmal zu Unwirksamkeit des gesamten Vertragswerks führen.

Es ist schwer zu vermitteln, dass die Verträge (und die Vollmacht) einerseits wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz in vollem Umfang nichtig sind, andererseits im Ergebnis aber aus Rechtscheingründen nach §§ 172 ff. BGB letztlich doch gelten sollen und deshalb den Klägern die Berufung auf die Nichtigkeit nach § 242 BGB versagt wird. Die Katze springt doch wieder auf die alten Füße, allerdings nach langen Wegen gekünstelter Argumentationsketten.

Wenn in der Entscheidung des BGH die Rede ist von Regelungen, die den Verbraucher angeblich nicht überraschen können, fragt man sich, warum hier eine andere Wertung (im Rahmen des eigentlich nichtigen Darlehensvertrags) stattfindet als im Zusammenhang mit derjenigen, die zur Nichtigkeit von Geschäftsbesorgungsverträgen und entsprechenden Vollmachten führt. Es ist kaum zu vermitteln, dass Verträge einerseits wegen Verstoßes gegen das alte Rechtsberatungsgesetz nichtig sein, andererseits aber aus Rechtscheingründen und wegen § 242 BGB letztlich doch gelten sollen.

Die Hoffnung, dass ein neues Rechtsdienstleistungsgesetz die Interpretation der Rechtsprechung in Bezug auf das Rechtsberatungsgesetzes obsolet machen würde, ist trügerisch. Die Bundesregierung hat am 23.08.2006 – nach langjähriger Diskussion über ein Rechtsdienstleistungsgesetz – den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes beschlossen, das angeblich Ende 2007 in Kraft treten soll (Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.09.2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABl EG Nr. L 255, S. 22). Ob dieses Gesetz, über das schon lange diskutiert und an dem schon viele Jahre gefeilt wird, tatsächlich Ende des Jahres in Kraft treten wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall wird ein neues Rechtsdienstleistungsgesetz nicht rückwirkend in die jahrzehntealte Vertragspraxis von Treuhandschaft und Rechtsberatung eingreifen. Deshalb wird die Rechtsprechung sich mit der Frage der Anwendbarkeit des (auf nationalsozialistische Gesetzgebung zurückgehenden) Rechtsberatungsgesetzes aus dem Jahre 1935 noch viele Jahre weiter zu beschäftigen haben. Vielleicht hat sie dann auch Gelegenheit, den in der Praxis längst ausgehöhlten Grundsatz der Unwirksamkeit von Verträgen und Vollmachten im Bauträger- und Immobilienfondsmodell bei Beteiligungen von Geschäftsbesorgern und Treuhändern wegen angeblichen Verstoßes gegen das alte Rechtsberatungsgesetz erneut auf den Prüfstand zu stellen. Aber die Treuhandtätigkeit hat mit Rechtsberatung oder Rechtsbesorgung letztlich ebenso viel oder so wenig zu tun wie Kauf einer Packung Zigaretten durch einen Vertreter am Kiosk, auch wenn beides heutzutage gleichermaßen verpönt zu sein scheint (vgl. Reinelt, ZAP Kolumne 2002, 315).

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
In der Entscheidung wird weiter ausgeführt, die Verpflichtung, weitere zusätzliche Sicherheiten nach einem Darlehensvertrag zu stellen, führe zur Verpflichtung der Übernahme der persönlichen Haftung im Sinne eines Schuldanerkenntnisses nach § 780 BGB. Eine solche Verpflichtung sei bankenüblich und verstoße nicht gegen § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB). Auch von einer überraschenden Klausel i.S.v. § 3 AGBG (jetzt: § 305c BGB) könne keine Rede sein. Eine unangemessene Benachteiligung der Kläger i.S.v. § 9 AGBG (jetzt: § 307 BGB) sei damit nicht verbunden.

Die Grundsätze der Rechtscheinhaftung nach §§ 171 ff. BGB seien nach gefestigter Rechtsprechung des BGH in jedem Fall auch dann anwendbar, wenn die einem Geschäftsbesorger erteilte Abschlussvollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Für die Anwendung der Rechtscheingrundsätze komme es nur darauf an, ob dem Vertragspartner eine Ausfertigung einer Vollmachtsurkunde vorgelegt worden sei (st. Rspr., z.B. BGH, Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03 - NJW 2005, 664).

Warum allerdings die Rechtscheinhaftung an die Vorlage einer Ausfertigung der Vollmacht zu knüpfen ist, die Vorlage einer vom Notar beglaubigten Abschrift jedoch nicht genügt, ist unverständlich und erschließt sich auch nicht ohne weiteres aus den hierauf bezogenen Entscheidungen des BGH (Urt. v. 14.06.2004 - II ZR 393/02 - NJW 2004, 2736; Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03 - NJW 2005, 664, und Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03 - NJW 2005, 664, 668) oder der hier besprochenen Entscheidung.

Anders als im Falle des § 174 BGB, in dem eine einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung eines Bevollmächtigten mangels Vorlage einer Originalvollmacht zurückgewiesen und damit unwirksam gemacht werden kann, geht es bei den allgemeinen Rechtscheingrundsätzen nach §§ 172 ff. BGB nicht um die Zurückweisung einseitiger – ohne Vollmachtsvorlage abgegebener – rechtsgeschäftlicher Erklärungen, sondern um die Folgen eines allgemein gesetzten Rechtscheins. Dieser wird aber durch die vom Notar beglaubigte Abschrift der Vollmachtsurkunde in gleicher Weise erzeugt wie durch Vorlage einer Ausfertigung.

Vielleicht wird die Ausfertigung gerade beim Grundbuchamt benötigt und liegt dort vor. Wenn eine beglaubigte Abschrift vorgelegt wird, muss eine Ausfertigung existieren. Die beglaubigte Abschrift erzeugt den Rechtschein also in gleicher Weise. Vielleicht sollte auch diese eherne (bisher allerdings nur dürftig begründete) Regel – Rechtschein nur bei Vorlage einer Ausfertigung der Vollmacht – überdacht werden.