NZBau 2000, 72

Die Bezahlung der Bauleistung. Von Ralf Leinemann. 2., neubearb. Aufl. - Köln, Heymanns 1999. XIV, 173 S., kart. DM58,-.

RA Dr. Ekkehart Reinelt, München

 

Bereits nach zwei Jahren legt Leinemann sein Buch: "Die Bezahlung der Bauleistung" in 2. Auflage vor. Die Schrift ist nicht allein für Juristen gedacht, sondern soll Ingenieuren und Kaufleuten in der Bauwirtschaft den rechtlichen Einstieg ermöglichen. Dieser Aufgabe wird das gut gegliederte Buch (Allgemeine Einführungen zum Bauvertrag, Einbeziehung der VOB, Zahlungen auf Bauleistung, Sicherung von Zahlungsansprüchen) durchaus gerecht. Der Titel ist allerdings zu eng. Es werden schon aus der Gliederung ersichtlich -zahlreiche Fragen behandelt, die über das Thema der Zahlungen auf Bauleistungen hinausgehen.

In einzelnen Fragen kann man durchaus abweichender Auffassung sein. Es erscheint mir zweifelhaft, ob die barsche Kritik von Leinemann an dem von der Rechtsprechung entwickelten Druckzuschlag beim Zurückbehaltungsrecht zutreffend ist.

Generell fällt auf, dass der Autor sich hier - wie in anderen Rechtsfragen auch - sehr stark die Betrachtungsweise der Auftragnehmerseite zu Eigen macht und die Interessen der Auftraggeberseite weniger würdigt. Das entspricht einer heute häufig in der Literatur anzutreffenden Tendenz. Man muss aber auch die andere Seite sehen: In der Baupraxis ist es zunehmend so, dass mangelhaft und schlampig gebaut wird. Der Druckzuschlag beim Zurückbehaltungsrecht kann deshalb meines Erachtens nicht mit dem Argument bekämpft werden, es könne nicht länger toleriert werden, dass Auftragnehmern zum Teil über Jahre hinweg erhebliche Werklohnanteile vorenthalten werden (Rdnr. 65).

Auch die sehr weite und auftragnehmerfreundliche Interpretation des § 648 a BGB, die Leinemann zum Teil ohne Darstellung und Würdigung abweichender Meinungen vertritt, halte ich für höchst problematisch: Die Anforderung zu hoher Sicherheit stellt er im Einklang mit der herrschenden Meinung als unschädlich dar (Rdnr. 318). Mit dem OLG Karlsruhe vertritt er die Auffassung, dass entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 648 a BGB ("Sicherheit für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen ...") auch bereits erbrachte Leistungen gesichert werden können. "Erbrachte Leistungen" stellt zwar die herrschende Meinung mit den in § 648a BGB genannten ,zu erbringenden Leistungen" gleich. Nach meiner Überzeugung kann man jedoch eine solche "Auslegung" contra legem nicht kommentarlos im Raum stehen lassen. Die Gleichsetzung von erbrachten und noch zu erbringenden Leistungen verstößt gegen den Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch und damit die Logik, auch wenn sie der herrschenden Meinung entspricht. Es liegt allerdings im Zuge der Zeit, eindeutig definierte Begriffe und logische Grundsätze eher als hinderlich denn als zwingend anzusehen und gesetzliche Vorschriften abweichend vom Wortlaut nach angeblichen Interessen beliebig anzuwenden. Die Erkenntnis, dass sich Wahrheiten nur begründen und einsichtig beweisen lassen, wenn begriffliche Klarheit und logische Stringenz herrschen (vgl. dazu Egon Schneider, Logik für Juristen, 5. Aufl., Vorwort, VI), ist ebenso wie die Überzeugung, dass gesetzliche Vorschriften nicht kontradiktorisch zu ihrem eindeutigen Wortlaut ausgelegt werden können, allerdings in vielen Fällen in Rechtsprechung und Literatur längst verloren gegangen, sicherlich nicht zuletzt als Folge der Übersteigerung der von Rudolf v. Ihering entwickelten Interessenjurisprudenz, die begriffliche Eindeutigkeit von Rechtsnormen für unverbindlich hält.

Die genannte Kritik (die natürlich nicht nur Leinemann trifft), ändert jedoch nichts daran, dass die Schrift von Leinemann zur Einführung in die Fragen, die mit Zahlungsansprüchen aus VOB-Verträgen zusammenhängen, sowohl angehenden Baujuristen als auch hiermit befassten Technikern in ihrer übersichtlichen Darstellung entscheidender Rechtsfragen zum VOB-Vertrag empfohlen werden kann.