jurisPR-BGHZivilR 6/2013 Anm. 1 Bauwerk im Sinne der werkvertragsrechtlichen Verjährungsvorschriften BGH 7. Zivilsenat, Urteil vom 20.12.2012 - VII ZR 182/10 Leitsatz A. Problemstellung B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Nach Einbau der Rasentragschicht rügte der Bauherr im Herbst 1999 die mangelnde Wasserdurchlässigkeit. Im Mai 2000 leitete er gegen die Klägerin und den Beklagten ein selbstständiges Beweisverfahren ein, in dem die Klägerin dem Beklagten im April 2002 den Streit verkündete. Im Fall begehrte die Klägerin von dem Beklagten Schadensersatz mit der Begründung, der Beklagte habe die in Auftrag gegebenen Untersuchungen nicht sachgerecht durchgeführt; dadurch sei es zum Einbau nicht ausreichend wasserdurchlässigen Materials und zur Pfützenbildung auf dem Platz gekommen. Das Landgericht wies die Klage ab, weil fehlerhafte Materialuntersuchungen und sonstige Pflichtverletzungen des Beklagten nicht nachgewiesen seien. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos, weil – so das Berufungsgericht – die Einrede der Verjährung Erfolg habe und die Klägerin etwaige Ersatzansprüche nicht mehr durchsetzen könne. Der BGH hat nach Zulassung der Revision das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil – so der VII. Zivilsenat – eine Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche aus den Gründen des Berufungsurteils nicht eingetreten sei. C. Kontext der Entscheidung § 638 BGB a.F. enthält die frühere werkvertragsrechtliche Sonderregelung zur Verjährung von Mängelansprüchen, deren Zweck darin bestand, unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Vertragsgegenstandes die dreißigjährige Regelverjährung im Interesse der Rechtssicherheit abzukürzen (vgl. Busche in: MünchKomm BGB, 6. Aufl., § 634a Rn. 7 f.). Die Regelung unterschied nach dem Vertragsgegenstand drei Fristen: Für Werkleistungen an Bauwerken betrug die Verjährungsfrist fünf Jahre, für Arbeiten an einem Grundstück ein Jahr, im Übrigen sechs Monate. Darüber hinaus galt eine Verjährungsfrist von 30 Jahren, wenn der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hatte. Der BGH ordnet – anders als das Berufungsgericht – die hier erbrachten Werkleistungen den „Bauwerken“ i.S.d. § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. zu (Rn. 19 f.). Er bestätigt dabei die bisherige Rechtsprechung, wonach der Begriff des „Bauwerks“ weiter reicht als der des Gebäudes und Bauten aller Art, seien es Hoch- oder Tiefbauten, umfasst. Unter den Begriff des Bauwerkes fällt die Errichtung eines neuen Bauwerkes oder eine grundlegende Erneuerung, die einer Neuerrichtung gleichzuachten ist (Rn. 17; BGH, Urt. v. 19.03.2002 - X ZR 49/00 - BauR 2002, 1260 Rn. 11, m.w.N.). Es muss sich um eine ortsfeste Anlage handeln, die – unabhängig von einer sachenrechtlichen Einordnung – mit dem Grundstück dauerhaft verbunden ist (Rn. 17, 20; BGH, Urt. v. 20.05.2003 - X ZR 57/02 - BauR 2003, 1391 Rn. 8, m.w.N.). Entscheidend für die Zuordnung ist jeweils – und so auch hier – die für Bauwerke typische Risikolage, welche Grund für die – im Rahmen des § 638 BGB a.F. – längere Verjährungsfrist ist (Rn. 18, m.w.N.). Diese typische Risikolage ist dadurch gekennzeichnet, dass Mängel bei Bauwerken häufig erst spät erkennbar werden aus Gründen der Verdeckung durch aufeinanderfolgende Arbeiten einerseits sowie der Witterung und Nutzung andererseits (Rn. 18; BGH, Urt. v. 30.01.1992 - VII ZR 86/90 - BGHZ 117, 121 Rn. 8). Die grundlegende Erneuerung eines Trainingsplatzes mit Rollrasen, Rasentragschicht, Bewässerungsanlage, Rasenheizung und Kunstfaserverstärkung sei hinsichtlich des Risikos der Späterkennbarkeit von Mängeln nicht anders zu beurteilen als ein Gebäude (Rn. 20). Diese Entscheidung fügt sich, wie der Senat in Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil zutreffend bemerkt (Rn. 20), bruchlos in die Kasuistik der Vorschrift ein (vgl. dazu auch Busche in: MünchKomm BGB, § 634a Rn. 20 ff.). Dasselbe gilt für die weitere Zuordnung der von dem Beklagten vorgenommenen Untersuchungen von Proben der Rasentragschicht zu den Arbeiten an Bauwerken i.S.d. § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. Geistige Leistungen, die der Errichtung oder grundlegenden Erneuerung eines bestimmten Bauwerks dienen, sind nach der Senatsrechtsprechung der Errichtung des Bauwerks zuzuordnen mit der Folge, dass für sie die Verjährungsregelung des § 638 BGB a.F. für Bauwerke gilt (Rn. 22; BGH, Urt. v. 17.12.1992 - VII ZR 45/92 - BGHZ 121, 94 Rn. 9). Zutreffend vergleicht der BGH die im Fall streitigen Leistungen mit Bodenuntersuchungen eines Geologen für die Gründungsarbeiten beim Gebäudebau oder den Leistungen eines Vermessungsingenieurs im Zusammenhang mit einem Hausbau (Rn. 22; BGH, Urt. v. 26.10.1978 - VII ZR 249/77 - BGHZ 72, 257 Rn. 11 und BGH, Urt. v. 09.03.1972 - VII ZR 202/70 - BGHZ 58, 225 Rn. 22 ff.). Bei Geltung der fünfjährigen Verjährungsfrist war der Klageanspruch am 01.01.2002 noch nicht verjährt und findet im Weiteren – so der Senat unter Hinweis auf seine jüngere Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 24.02.2011 - VII ZR 61/10 - BauR 2011, 1032 Rn. 17) – auf die Verjährung des noch nicht verjährten Schadensersatzanspruchs nach § 635 BGB a.F. § 634a BGB n.F. Anwendung (Rn. 24). D. Auswirkungen für die Praxis Seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes werden im Gesetz auch die schon früher so zugeordneten, nicht körperlich zu erbringenden geistigen Leistungen, die der Errichtung des Bauwerks dienen, ausdrücklich erwähnt. § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. regelt ergänzend, dass Mängelansprüche ebenfalls in fünf Jahren verjähren bei einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- und Überwachungsleistungen für ein Bauwerk besteht. Die im Fall von dem Beklagten vorgenommenen Untersuchungen von Proben der Rasentragschicht werden von dieser Regelung aus den zu übertragenden Gründen der besprochenen Entscheidung ebenso erfasst. |