jurisPR-BGHZivilR 07/2008 Anm. 2

Umsatzsteuer bei Vergütungs-, Entschädigungs- und Schadensersatzansprüchen des Unternehmers gegen den Bauherrn
Anm. zu BGH, Urteil vom 24.01.2008 - VII ZR 280/05
Dr. Ekkehart Reinelt, Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

Leitsätze

1. Der gemäß § 642 BGB zu zahlenden Entschädigung liegt eine steuerbare Leistung des Unternehmers zugrunde. Diese Entschädigung ist Entgelt i.S.v. § 10 Abs. 1 UStG und damit Bemessungsgrundlage für den Umsatz.

2. Die gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B zu zahlende geänderte Vergütung ist Entgelt i.S.v. § 10 Abs. 1 UStG für die geänderte Leistung des Auftragnehmers und damit Bemessungsgrundlage für den Umsatz.

3. § 6 Nr. 6 VOB/B gewährt dem Auftragnehmer einen Schadensersatzanspruch, dem keine steuerbare Leistung zugrunde liegt, so dass hierfür eine Umsatzsteuerpflicht ausscheidet.

A. Problemstellung
Wenn sich die zwischen den Bauvertragsparteien vereinbarte Bauzeit verlängert, können zusätzliche Ansprüche des Auftragnehmers entstehen. Sie können zurückgehen auf Anordnungen des Auftraggebers. Dann finden sie ihre Rechtsgrundlage in § 2 Nr. 5 VOB/B. Sie können ihre Ursache aber auch darin haben, dass der Auftraggeber Mitwirkungshandlungen unterlässt, in Annahmeverzug gerät und dadurch Entschädigungsansprüche des Unternehmers entstehen. Diese gründen sich auf § 642 BGB.

Schließlich sind Schadensersatzansprüche denkbar, die aus Behinderungen des Auftragnehmers resultieren und sich auf § 6 Nr. 6 VOB/B stützen lassen. Es ist zu klären, bei welchen dieser Ansprüche Umsatzsteuer anfällt und der Unternehmer vom Auftraggeber deshalb zusätzlich Umsatzsteuer verlangen kann.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die klagende Unternehmerin macht Ansprüche wegen Bauzeitverlängerung geltend. Auf Grund von Nachträgen, die der Bauherr in Auftrag gegeben hat, verlängert sich die zwischen den Parteien festgelegte Bauzeit. Die Parteien sind darüber einig, dass dem Unternehmer dem Grunde nach Ansprüche wegen der Bauzeitverzögerung von drei Monaten zustehen. Diese rechnet der Unternehmer mit Umsatzsteuer ab. Das Berufungsurteil spricht dem Unternehmer die Umsatzsteuer zu. Ob der Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B, § 6 Nr. 6 VOB/B oder aus § 642 BGB folgt, spielt nach Auffassung des Berufungsgerichts keine Rolle. Es lässt diese Frage offen. Auch wenn der Ersatzanspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B herzuleiten wäre, handele es sich zumindest um einen vergütungsähnlichen Anspruch, auf den Umsatzsteuer entfalle.

Der BGH verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück mit dem Hinweis darauf, dass dieses Feststellungen zu treffen habe, die erforderlich sind, um beurteilen zu können, aus welchem Rechtsgrund die Klage begründet ist.

Dass der Unternehmer gegebenenfalls nach § 14 Abs. 2 oder 3 UStG a.F. (§ 14c UStG n.F.) verpflichtet sein könnte, Umsatzsteuer abzuführen, weil in der Rechnung bereits Umsatzsteuer ausgewiesen sei, könne eine entsprechende Zahlungspflicht der Beklagten nicht begründen (BGH, Urt. v. 22.11.2007 - VII ZR 83/05).

Es müsse also inhaltlich untersucht und entschieden werden, welchen Charakter der geltend gemachte Anspruch hat, um prüfen zu können, ob tatsächlich Umsatzsteuer verlangt werden kann oder nicht. Diese Frage sei hinsichtlich sämtlicher denkbarer Anspruchsgrundlagen nicht gleich zu beantworten. Das Berufungsgericht hätte deshalb nicht dahinstehen lassen dürfen, ob der Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B, § 642 BGB oder § 6 Nr. 6 VOB/B begründet ist. Die Umsatzsteuerpflicht sei hinsichtlich dieser Ansprüche nicht einheitlich zu beantworten.

Im Falle eines Anspruchs nach § 2 Nr. 5 VOB/B kann kein Zweifel daran bestehen, dass es sich um einen Vergütungsanspruch handelt, der sich aus der geänderten Leistung oder aus anderen Anordnungen des Auftraggebers herleitet und den ursprünglichen Vergütungsanspruch und damit auch die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG) erhöht.

Aber auch einer nach § 642 BGB zu zahlenden „Entschädigung“ liege eine steuerbare Leistung zu Grunde. Dabei ist unerheblich, ob die Gegenleistung nach der zivilrechtlichen Dogmatik als Schadensersatz oder als Vergütung bezeichnet wird (BGH, Urt. v. 17.07.2001 - X ZR 71/99 - BauR 2001, 1903, 1904 = NJW 2001, 3535 = ZfBR 2001, 534). Entscheidend sei allein, ob die Zahlung der Summe mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in einer Wechselbeziehung stehe. Auch wenn die Rechtsnatur der Entschädigung nach § 642 BGB umstritten sei, handele es sich nach diesem steuerrechtlichen Verständnis um ein Entgelt für Leistungen des Unternehmers. Denn der Unternehmer werde nach dieser Vorschrift dafür vergütet, dass er für den Besteller Kapital- und Arbeitskraft (und zwar im Falle einer Bauzeitverlängerung über das angenommene Maß hinaus) bereithält (BGH, Urt. v. 07.07.1988 - VII ZR 179/87 - BauR 1998, 739, 740). Es handele sich nicht um einen Schadensersatzanspruch, auf den die §§ 249 ff. BGB anwendbar seien (BGH, Urt. v. 21.10.1999 - VII ZR 185/98 - BGHZ 143, 32, 40). Deshalb stehe der Anspruch aus § 642 BGB in Wechselbeziehung mit einer Leistung des Unternehmers mit der Folge, dass insoweit Umsatzsteuer beansprucht werden könne.

Anders sieht der BGH das bei Ansprüchen, die auf § 6 Nr. 6 VOB/B gestützt werden. Diese Vorschrift gewähre einen Schadensersatzanspruch, dem keine steuerbare Leistung zu Grunde liegt. Umsatzsteuerlich wird der Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B in der Literatur uneinheitlich behandelt. Das legt der BGH unter Bezugnahme auf die Auffassung der Finanzverwaltung und der Literatur dar.

Der Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B, der einen Ausgleich für Behinderungen des Unternehmers bieten soll, hänge nicht mit zusätzlichen steuerbaren Leistungen des Auftragnehmers zusammen. Vielmehr werde mit diesem Schadensersatzanspruch der Ausgleich des Vermögensschadens verlangt, der sich aus Behinderungen ergibt, die sich letztlich als vertragliche Pflichtverletzungen erweisen. Das gilt auch, soweit der entsprechende Schadensersatzanspruch für solche Kosten verlangt wird, die dem Auftragnehmer dadurch entstanden sind, dass er für Herstellung des Werks zusätzlichen Aufwand hatte (z.B. Einsatz eines Projekt- oder Bauleiters).

Der BGH betont: Soweit aus der Entscheidung vom 21.03.1968 (VII ZR 84/67 - BGHZ 50, 25, 29 f.) eine andere Auffassung abzuleiten sein könnte, hält der Senat daran nicht fest. Auf den Anspruch nach § 6 Nr. 6 VOB/B entfalle jedenfalls keine Umsatzsteuer mit der Folge, dass – soweit der vom Unternehmer geltend gemachte Anspruch seine Rechtsgrundlage in dieser Vorschrift findet – ein Anspruch auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags gegen den Bauherrn nicht begründet ist.

Im Ergebnis ist also nach Auffassung des BGH lediglich der Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B umsatzsteuerfrei.

C. Kontext der Entscheidung
Die Entschädigung nach § 642 BGB, die an die unterlassene Mitwirkung des Bestellers anknüpft, stellt einen aus dem Vergütungsanspruch abgeleiteten Anspruch dar (Roskosny/Bolz, BauR 2006, 1804).

§ 6 Nr. 6 VOB/B regelt dagegen einen Anspruch eines Vertragsteils, der daraus resultiert, dass der andere dafür verantwortlich ist, dass die Ausführung der Leistung für längere Zeit oder dauernd unmöglich wird. Hier handelt es sich um einen echten Schadensersatzanspruch. Zwischen beiden Ansprüchen muss also – in der Praxis nicht immer ganz einfach – genau unterschieden werden (vgl. Kapellmann, BauR 1996, 866).

Mit dem Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B hatte der BGH sich mehrfach zu befassen. In der von ihm selbst zitierten Entscheidung vom 21.03.1968 (VII ZR 84/67 - BGHZ 50, 25) setzt sich der BGH mit der Frage auseinander, in welcher Frist dieser Anspruch verjährt. Er behandelt die Verjährung des dem Auftragnehmer aus Behinderung zustehenden Schadensersatzanspruchs (damalige Fassung § 6 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B) ebenso wie diejenige des Vergütungsanspruchs inhaltlich gleich mit dem Argument, es handle sich um einen Anspruch, der mit der Ausführung der Arbeitsleistungen zusammenhängt. Der Anspruch sei zwar nicht unmittelbar gerichtet auf die ursprünglich vereinbarte Leistung, jedoch auf eine angemessene Vergütung und daraus folgende Mehraufwendungen. Insoweit sei er mit der ursprünglichen Leistung eng verknüpft. Auf Grund der inhaltlichen Gleichstellung des Vergütungsanspruchs mit dem Schadensersatzanspruch aus Behinderung behandelt der BGH in der Entscheidung aus dem Jahr 1968 die Verjährung des Anspruchs ebenso wie die Verjährung des Vergütungsanspruchs (beide nach der seinerzeitigen kurzen Verjährungsfrist des § 196 BGB a.F.). Zur Frage der Umsatzsteuer äußert sich der VII. Zivilsenat in der zitierten Entscheidung nicht. Die Gleichstellung mit dem Vergütungsanspruch legt jedoch nahe, dass der BGH unter Zugrundelegung der seinerzeitigen Entscheidung Umsatzsteuerbarkeit bejaht hätte. Vor diesem Hintergrund führt er in der zu besprechenden neuen Entscheidung konsequent aus, dass an einer eventuell gegenteiligen (konkludent die Umsatzsteuerbarkeit bejahenden) Auffassung nicht festgehalten werde.

Von der noch in der Entscheidung vom 21.03.1968 vorgenommenen Gleichstellung des Schadensersatzanspruchs nach § 6 Nr. 6 VOB/B mit dem Vergütungsanspruch (wenn auch nur im Zusammenhang mit der Verjährung) rückt der VII. Zivilsenat jetzt im Zusammenhang mit der Prüfung der Umsatzsteuerfrage ab.

In einem anderen Rechtsstreit, der zur Entscheidung des BGH vom 21.03.2002 (VII ZR 224/00 - NJW 2002, 2716) führte, war die Frage im Streit, ob auf Ansprüche aus § 6 Nr. 6 VOB/B Umsatzsteuer entfällt oder nicht. Der BGH hat sich im Ergebnis in jener Entscheidung dazu nicht geäußert. Infolge der Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtstreits kam es auf die Klärung der Frage vor dem Revisionsgericht nicht an. Der Kontext der Entscheidung lässt jedoch vermuten, dass der BGH auch damals noch von einer Umsatzsteuerbarkeit des Anspruchs aus § 6 Nr. 6 VOB/B ausgegangen ist.

Dass ein Gewinnersatz (Ausgleich entgangenen Gewinns des Unternehmers) kein Entgelt für eine Gegenleistung, sondern Schadensersatz ist und deshalb keine Umsatzsteuer zu erstatten ist, hat der BGH allerdings in seinem Urteil vom 21.11.1991 (VII ZR 4/90 - BauR 1992, 231) festgehalten.

In der hier besprochenen neuen Entscheidung bekräftigt der BGH diese Auffassung – keine umsatzsteuerbare Leistung – für Ansprüche aus § 6 Nr. 6 VOB/B. Es handelt sich nach Auffassung des Senats um echten Schadensersatz, auf den keine Umsatzsteuer entfällt.

D. Auswirkungen für die Praxis
Für die Frage der Umsatzsteuerbarkeit von Zahlungen im Rahmen eines Bauvertrags ist stets zu prüfen, ob diese mit Gegenleistungen zusammenhängen. So ist in der Rechtsprechung anerkannt: Die gemäß § 649 Satz 2 BGB oder § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B nach Kündigung eines Bauvertrags zu zahlende Vergütung ist nur insoweit umsatzsteuerpflichtig, als sie auf schon erbrachte Leistungsteile entfällt. Der Vergütungsanteil für nicht erbrachte Leistungen hat Entschädigungscharakter und scheidet als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer aus (BGH, Urt. v. 22.11.2007 - VII ZR 83/05 - IBR 2008, 70; BGH, Urt. v. 04.07.1996 - VII ZR 227/93 - BauR 1996, 846; BGH, Urt. v. 02.06.1987 - X ZR 39/86 - BGHZ 101, 130; BGH, Urt. v. 18.04.2002 - VII ZR 164/01 - BauR 2002, 1403; BGH, Urt. v. 08.07.1999 - VII ZR 237/98 - IBR 1999, 402, m. Anm. Schwenker; BGH, Urt. v. 23.10.1980 - VII ZR 324/79 - BauR 1981, 198; OLG Oldenburg, Urt. v. 24.06.1999 - 8 U 97/97).

Entschädigungen können steuerbares Leistungsentgelt oder nicht steuerbarer Schadensersatz sein. In diesem Zusammenhang wird bei der steuerlichen Betrachtung unterschieden zwischen sogenanntem echtem (nicht steuerbarem) und sogenanntem unechtem (steuerbarem) Schadensersatz. Den Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B behandelt der BGH in der besprochenen Entscheidung als echten Schadensersatz im umsatzsteuerlichen Sinn. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen echtem und unechtem Schadensersatz ist, ob eine echte Wechselbeziehung zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben ist. Echter Schadensersatz ist nicht anzunehmen, wenn die Ersatzleistung tatsächlich die Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung darstellt. Ein die Umsatzsteuerpflicht auslösender Leistungsaustausch liegt vor, wenn der Partner des Leistenden einen Verbrauchsvorteil zur eigenen Verwendung erhält, auf Grund dessen er als Empfänger einer sonstigen Leistung angesehen werden kann (EuGH, Urt. v. 29.02.1996 - C-215/94 - UR 1996, 119).

In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung wird die Frage, wann unechter (der Umsatzsteuer unterliegender) und echter (umsatzsteuerfreier) Schadensersatz vorliegt, nicht immer einheitlich beantwortet. Der BFH hat in einem Urteil vom 27.08.1970 (V R 159/66 - BStBl 1971 II, 6) die Umsatzsteuerpflicht in einem Fall verneint, in dem ein Werklieferungsvertrag vor Ausführung aufgehoben wurde. Divergenzen in der Behandlung der Umsatzsteuerpflicht bei nicht erbrachten Leistungen zeigen sich gelegentlich bei finanzgerichtlichen Entscheidungen, die Ansprüche eines Berechtigten betreffen, für die ihm auf Grund bestimmter Umstände in der Zukunft die Vergütungsansprüche entgehen. So hat etwa das FG Düsseldorf am 27.04.1981 den Verzicht auf Aufsichtsratsmandate als umsatzsteuerfrei behandelt (VII/II 309/74 UM - EFG 1982, 159). Auch hat der BFH den Verzicht auf die Ausübung einer eigenen Tätigkeit oder ein eigenes höchstpersönliches Amt als nicht umsatzsteuerbare Leistung angesehen (BFH, Urt. v. 15.06.1965 - V 545/62 - UStR 1966, 173). Ist einem Schuldner die Erfüllung einer Verbindlichkeit unmöglich geworden oder ist er aus anderen Gründen von seiner Leistungspflicht befreit worden mit der Folge, dass der Gläubiger keinen Anspruch auf Vertragserfüllung mehr hat, stellt eine Geldleistung, die der Gläubiger als Kompensation für das Ausbleiben der Vertragserfüllung erhält, echten Schadensersatz dar (BFH, Urt. v. 01.06.1989 - V R 74/87 - NV 1990, 131). Schließlich ist auch eine Mieterabfindung nach Auffassung des BFH kein Entgelt für eine Leistung i.S.v. § 22 Nr. 3 EStG a.F. (BFH, Urt. v. 14.09.1999 - IX R 89/95 - BFH/NV 2000, 423). Die hier besprochene Entscheidung des BGH, die § 6 Nr. 6 VOB/B als echten Schadensersatz behandelt und den Anspruch als nicht umsatzsteuerbar ansieht, steht mit der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH und den genannten finanzgerichtlichen Entscheidungen in Einklang.

Demgegenüber behandelt der BFH (wohl im Gegensatz zu seiner eigenen früheren Entscheidung vom 27.08.1970 - V R 159/66 - BStBl 1971 II, 6) jedoch in einer anderen Entscheidung den Schadensersatz bzw. die Abfindung, die ein auf Lebenszeit eingesetzter Dauertestamentsvollstrecker (§ 2209 BGB) bei vorzeitiger Beendigung seiner Tätigkeit dafür erhält, dass ihm künftige Testamentsvollstreckervergütungen entgehen, als umsatzsteuerpflichtige Leistung, obwohl sie für tatsächlich nicht erbrachte Dienstleistungen im Wege des Schadensersatzes bezahlt wird (BFH, Urt. v. 06.05.2004 - V R 40/02 - NJW 2004, 3064). Ob diese Entscheidung des BFH allerdings mit der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH zur Abgrenzung von echtem und unechtem Schadensersatz vereinbar ist, scheint fraglich.

Eine solche Entschädigung, die dem Dauertestamentsvollstrecker dafür gewährt wird, dass ihm letztlich Vergütungsansprüche für künftige Jahre entgegen, steht auch nicht mit Leistungen des Testamentvollstreckers in Zusammenhang.

Wenn man die Grundsätze der hier besprochenen Entscheidung des BGH zur Umsatzsteuerfreiheit des Anspruchs aus § 6 Nr. 6 VOB/B anlegt, wonach Schadensersatzzahlungen, die ohne Gegenleistung für eine Leistung des Auftragnehmers an den Auftraggeber erfolgen (hier nach § 6 Nr. 6 VOB/B), nicht umsatzsteuerbar sind, müsste entgegen der Auffassung des BFH eine solche Entschädigung, die dem Dauertestamentsvollstrecker dafür gewährt wird, dass ihm künftige Vergütungsansprüche für Testamentsvollstreckertätigkeit entgehen, eigentlich als echter Schadensersatz angesehen werden. Unter Zugrundelegung der Grundsätze der hier besprochenen Entscheidung des BGH wäre hier also eine Umsatzsteuerpflicht zu verneinen, die der BFH im zitierten Fall aber gerade bejaht hat. In durchaus vergleichbaren Fällen gibt es also offensichtlich kontroverse Auffassungen der obersten Gerichte. Das Steuerrecht folgt grundsätzlich der zivilrechtlichen Betrachtung oder sollte ihr folgen. Deshalb wäre es wohl am BFH, seine Auffassung zur Steuerbarkeit der Vergütung für nicht erbrachte Leistungen bzw. darauf gestützte Schadensersatzansprüche zu überdenken und zu präzisieren.

Wenn man den vom BGH zutreffend herausgearbeiteten Obersatz beachtet, wonach es darauf ankommt, ob dem Anspruch des Berechtigten eine Gegenleistung zu Grunde liegt, wird man in beiden Fällen – gerade auch unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH – richtigerweise mit dem BGH davon ausgehen müssen, dass Umsatzsteuer auch auf die Schadensersatzansprüche des Testamentsvollstreckers in Bezug auf die in Zukunft entgehenden Vergütungen nicht anfällt. Zur Klärung der (freilich nicht ohne weiteres erkennbaren) Kontroverse in den Auffassungen zwischen BGH und BFH in zwar prima facie verschiedenen, aber in der Rechtsfrage gleich gelagerten Fällen wäre es geboten, zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe herbeizuführen (§ 2 RsprEinhG). Der Gemeinsame Senat könnte die offenbar noch nicht restlos geklärte Abgrenzung von echtem und unechtem Schadensersatz und damit diejenige der Umsatzbesteuerung auf Schadensersatzansprüche, die der BGH und der BFH offensichtlich – in rechtlich vergleichbaren Fällen – nicht gleich beurteilen, einheitlich bestimmen.