jurisPR-BGHZivilR 33/2007 Anm. 3

Voraussetzungen für Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei
Anm. zu BGH, Beschluss vom 12.06.2007 - VI ZB 4/07
Dr. Ekkehart Reinelt, Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

Leitsätze

1. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei zur Aufklärung des Sachverhalts gemäß § 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist aufzuheben, wenn im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits keine Fragen zum Sachverhalt offen geblieben sind und der Rechtsstreit ohne weiteren Vortrag durch Urteil entschieden wird. Die Verhängung eines Ordnungsgelds gegen eine trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienene Partei ist in einem solchen Fall unzulässig.

2. Zur Entscheidung über die Kosten eines erfolgreichen Rechtsmittels, das zur Aufhebung eines Ordnungsgeldbeschlusses führt.

Orientierungssatz des Autors

Ein Ordnungsgeld gegen eine nach § 141 ZPO zum Zwecke der Sachaufklärung geladene Partei kann nur verhängt werden, wenn die Ladung unter Angabe dieses Zweckes einem Vertreter der Partei nachweislich zugestellt worden ist. Das Gericht handelt ermessensfehlerhaft, wenn es einen Ordnungsgeldbeschluss erlässt, obwohl es einer weiteren Sachaufklärung nicht bedarf.

A. Problemstellung
Dem Gericht obliegt die formelle und sachliche Prozessleitung (§ 136 ZPO). Zu ihr gehören die erschöpfende Erörterung des Sachverhalts, die Förderung des Verfahrens und die Aufklärung des Gerichts, gegebenenfalls auch durch einen persönlichen Eindruck von der Partei und ihrer Sicht (Baumbach/Lauterbach, ZPO, 27. Aufl. 2007 § 141 Rn. 2, m.w.N.). Das Gericht kann die Mitwirkung der Partei nicht unmittelbar erzwingen. Davon macht allerdings § 141 ZPO eine Ausnahme. Die Vorschrift gibt dem Gericht die Möglichkeit, das persönliche Erscheinen einer Partei anzuordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint (§ 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Allerdings „sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab“ (ist dazu also verpflichtet), wenn einer Partei wegen zu großer Entfernung oder aus sonstigen Gründen die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten ist (§ 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Bleibt die unter diesen Voraussetzungen geladene Partei im Termin aus, kann – wenn die Ausnahme des § 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht gegeben ist – Ordnungsgeld wie gegen einen nicht erschienenen Zeugen verhängt werden (§ 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Dies gilt aber nicht, wenn die Partei einen bevollmächtigten Vertreter geschickt hat (§ 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die zugelassene Rechtsbeschwerde hatte sich zu befassen mit einem Ordnungsgeldbeschluss gegen eine nicht erschienene Partei.

Vorausgegangen war ein Schadensersatzprozess aus Verkehrsunfall. Im Verfahren vor dem Amtsgericht ging es um restlichen Schadensersatz. Verklagt waren Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherer. Angesichts der sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts lag der noch im Streit befindliche Betrag nicht über € 5.000,00 (§ 23 Nr. 1 GVG).

Das Amtsgericht hat zum Verfahren das persönliche Erscheinen des Klägers und aller Beklagten, also des Fahrers, des Halters und eines Vertreters der Haftpflichtversicherung des Kraftfahrzeugs angeordnet. Der Haftpflichtversicherer hat keinen Vertreter entsandt und auch keine Vollmacht nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO an einen Vertreter, etwa den Prozessbevollmächtigten, erteilt. Daraufhin hat das Amtsgericht in der mündlichen Verhandlung der beklagten Haftpflichtversicherung ein Ordnungsgeld i.H.v. € 200 auferlegt.

In der Sache hat das Amtsgericht ohne weitere mündliche Verhandlung ein Grundurteil verkündet, das rechtskräftig geworden ist.

Gegen den Ordnungsgeldbeschluss hat die beklagte Haftpflichtversicherung Beschwerde eingelegt. Dieser wurde nicht abgeholfen. Sie wurde dem Landgericht vorgelegt. Dieses hat die Beschwerde zurückgewiesen.

Das persönliche Erscheinen der Beklagten sei nicht aus wichtigem Grund unzumutbar gewesen. Eine Entfernung von rund 175 km zwischen dem Geschäftssitz der Beklagten und dem Gericht mache das Erscheinen nicht obsolet. Dasselbe gelte für die allgemeine berufliche Belastung des geladenen Vorstands der Beklagten. Auch der Umstand, dass die Beklagte als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer eine Vielzahl von Prozessen führe, mache das persönliche Erscheinen nicht unzumutbar. Schließlich werde dieses nur angeordnet, wenn der erkennende Richter es zur Aufklärung des Sachverhalts für geboten halte.

Auch der Umstand, dass die beklagte Haftpflichtversicherung vor dem Prozess habe mitteilen lassen, sie sei zu einem Vergleich nicht bereit, hindere die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht.

Das Landgericht hat die Rechtsbeschwerde wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 ZPO das Rechtsbeschwerdegericht bindende zulässige Rechtsbeschwerde gegen die Verhängung des Ordnungsgeldes hat der VI. Zivilsenat nunmehr aufgehoben.

Der Senat bezweifelt bereits, ob die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes vorlagen. Voraussetzung dafür ist, dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens wirksam erfolgt ist. Die Ladung zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 141 Abs. 1 ZPO reiche dafür aus. Die allgemeine Vollmacht des Prozessbevollmächtigten zur Vertretung der Partei ersetze die spezielle Vollmacht, die nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO an einen Parteivertreter zu stellen sei, nicht.

Allerdings: Eine ordnungsgemäße Ladung eines Vorstands der Beklagten habe nicht vorgelegen (§ 141 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Ladung durch einfachen Brief sei zwar ausreichend gewesen (§ 141 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Allerdings sei nicht ein bestimmtes Vorstandsmitglied nachweisbar unter Hinweis auf die Folgen seines Ausbleibens (§ 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO) geladen worden. In der Akte sei eine Ladung dieses Inhalts jedenfalls nicht feststellbar.

Unabhängig von den formellen Mängeln des Beschlusses nach § 141 ZPO weist der Senat materiell-rechtlich auf Folgendes hin: Die Verhängung des Ordnungsgeldes sei zu beanstanden. Das Amtsgericht habe entgegen der Ansicht des Landgerichts sein Ermessen fehlerhaft gebraucht. Zweck der Vorschrift des § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO sei nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.11.1997 - 2 BvR 429/97 - NJW 1998, 892, und zahlreiche weitere Nachweise in der Entscheidung). Ein Ordnungsgeld könne deshalb nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert. Das Ermessen sei in diesem Zusammenhang pflichtgemäß auszuüben. Nach der gesetzlichen Regelung sei von der Anordnung des persönlichen Erscheinens abzusehen, wenn einer Partei aus wichtigem Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten ist (§ 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Eine solche Ermessensabwägung könne man dem Beschluss des Amtsgerichts nicht entnehmen. Da ein Vergleichsabschluss bereits im Vorfeld abgelehnt worden sei, komme die Ladung nur zur Aufklärung des Sachverhalts in Betracht. Es könne zwar nicht zweifelhaft sein, dass ein Vorstandsmitglied einer öffentlich-rechtlichen Anstalt sich die Sachverhaltskenntnisse eines Sachbearbeiters der Anstalt aneignen müsse. Es sei aber im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass noch Sachverhaltsfragen hätten erörtert werden müssen. Dazu sei nichts festgestellt. Es sei daher davon auszugehen, dass weiterer Anlass zur Sachverhaltsaufklärung nicht bestand. Der bereits aus formellen Gründen beanstandende Beschluss sei daher auch inhaltlich nicht gerechtfertigt. Aus diesen Gründen hat der Senat den Beschwerdebeschluss des Landgerichts und den Beschluss über die Verhängung des Ordnungsgelds aufgehoben.

C. Kontext der Entscheidung
In der Praxis der Instanzgerichte wird von der Anordnung persönlichen Erscheinens nach § 141 ZPO häufig Gebrauch gemacht. Zwar ist die Anordnung persönlichen Erscheinens oft zweckmäßig, einerseits um Vergleichsmöglichkeiten auszuloten, andererseits auch um tatsächliche Umstände aufzuklären, die nur eine Partei kennen kann. Auch ist sie dann sinnvoll, wenn die Anhörung der anderen Partei gegenüber einer Zeugenvernehmung von Amts wegen zur Diskussion steht. Denn auch wenn die Anhörung einer Partei nicht wie eine Parteivernehmung gewürdigt werden darf, gibt sie dem Gericht zumindest zusätzliche Gesichtspunkte für die Würdigung der Aussage eines Zeugen. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Interessenverflechtung und eine mehr „formale“ Zeugenstellung zu gewärtigen ist (vgl. BGH, Urt. v. 08.11.1989 - I ZR 14/88 - NJW-RR 1990, 1061; BGH, Urt. v. 03.11.1999 - VI ZR 48/91 - NJW 1992, 1559). In solchen Fällen entspricht es einem richtig ausgeübten Ermessen, das persönliche Erscheinen der Partei anzuordnen. Es wird zwar die Auffassung vertreten, dass auch dann, wenn das Erscheinen zwar nicht geboten aber sinnvoll ist, aus der Verwendung des Wortes „soll“ in § 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf die Befugnis des Gerichtes zu schließen sei, auch dann (vorbehaltlich eines Ausschlusses wegen Unzumutbarkeit) das persönliche Erscheinen anzuordnen (so Baumbach/Lauterbach, ZPO, 27. Aufl. 2007, § 141 Rn. 14). Mit der Entscheidung des VI. Senats vom 12.06.2007 dürfte allerdings klargestellt sein, dass in jedem Fall das Ermessen des Gerichts sachgerecht ausgeübt werden muss und eine sorgfältige Prüfung der Frage einer Zumutbarkeit i.S.d. § 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu erfolgen hat.

D. Auswirkungen für die Praxis
Immer wieder erlebt man in der Praxis, dass auch in kleineren Rechtstreitigkeiten von vergleichsweise geringer Bedeutung, auch dann wenn eine wirkliche Aufklärungsnotwendigkeit gar nicht im Raum steht, das persönliche Erscheinen der Parteien durch entsprechende Anordnung des Gerichts erzwungen werden soll. Dahinter steckt oft der Wunsch des Richters, Vergleiche, durchaus auch mit entsprechendem Druck auf die Parteien, zu fördern. Sie verbessern schließlich die Statistik des Richters und sparen Arbeit.

Häufig habe ich erlebt, dass Parteien über weite Strecken, teilweise auch per Flugzeug, zu solchen Verhandlungen angereist sind, die Gerichte dann aber die Sache weder diskutiert noch die Partei überhaupt haben zu Wort kommen lassen. Das lag gelegentlich nicht nur an einfach gelagerten, unkompliziert strukturierten Fällen, die keiner weiteren Diskussion bedurften (warum dann Anordnung des Erscheinens?), sondern mitunter auch daran, dass die Richter auf die Sache nicht vorbereitet waren, gleichwohl aber das Erscheinen der Parteien routinemäßig angeordnet hatten. Solche Verhandlungen vor Gericht sind für die Parteien ärgerlich und führen zur Justizverdrossenheit. Sie schaden dem Ansehen der Justiz und sind rechtswidrig.

Der vorliegende Fall macht das in besonderer Weise deutlich: Ein Vorstandsmitglied einer Haftpflichtversicherung war „zur Sachaufklärung“ in Bezug auf die Umstände eines kleineren Verkehrsunfalls zum persönlichen Erscheinen über § 141 Abs. 3 ZPO gezwungen worden. Begreiflicherweise hat das Vorstandsmitglied (das nicht namentlich geladen worden war) dieser Anordnung nicht Folge geleistet. Versäumt wurde lediglich, den Prozessbevollmächtigten mit einer speziellen Vollmacht nach § 141 Abs. 3 ZPO zu versehen. Dass ein Vorstandsmitglied einer Haftpflichtversicherung von sich aus zur Sachaufklärung eines beliebigen Verkehrsunfalls nichts beitragen kann, liegt auf der Hand. Ob ihm wirklich angesonnen werden kann, sich zur Sachaufklärung mit dem Sachbearbeiter in Verbindung zu setzen und dann Sachaufklärung vor Gericht zu leisten – so der Senat – scheint höchst zweifelhaft. Die Sachaufklärung können und müssen Fahrer, allenfalls Halter des Kraftfahrzeugs, nicht aber der Haftpflichtversicherer, leisten. Dieser kennt die näheren Umstände des Verkehrsunfalls nicht. Das Vorstandsmitglied muss sich vom Sachbearbeiter, dieser vom Halter und jener vom Fahrer über den Vorgang informieren lassen. Soll dem Vorstandsmitglied einer Haftpflichtversicherung so etwas – bei Meidung von Ordnungsgeld – wirklich abverlangt werden?

Die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Vertreters des Haftpflichtversicherers generell zur Sachaufklärung ist deshalb in einem solchen Fall immer ermessensfehlerhaft. Wie soll denn eine Haftpflichtversicherung, die Tausende von Verkehrsunfällen abzuwickeln hat, es in der Praxis handhaben, wenn jeder Amtsrichter das Erscheinen eines Vorstandsmitglieds nach § 141 Abs. 3 ZPO anordnet? Der Vorstand der Haftpflichtversicherungsgesellschaft hat anderes zu tun, als in solchen Fällen vor dem Amtsrichter zu erscheinen und über Vorgänge zu sprechen, die er aus eigener Anschauung nicht kennt oder gar schweigend anzuhören, wie der Amtsrichter einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt.

In der anwaltlichen Praxis ist es üblich, in solchen Fällen erkennbar überflüssiger Anordnung persönlichen Erscheinens dem Prozessbevollmächtigten eine spezielle Vollmacht nach § 141 Abs. 3 ZPO zu erteilen, aus der ersichtlich ist, dass er zum Vergleichsabschluss bevollmächtigt ist (auch dann, wenn ein Vergleich gar nicht geschlossen werden soll). Wenn er dann in der Sache nicht mehr weiß als ein Sachbearbeiter bei der Haftpflichtversicherung, kann dagegen nichts erinnert werden. Damit ist der Gefahr eines Ordnungsgeldbeschlusses vorgebeugt. Die Erteilung dieser Vollmacht erübrigt auch die im Einzelfall unter Umständen diffizile Prüfung, ob es an der Zumutbarkeit des persönlichen Erscheinens i.S.d. § 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO fehlt oder nicht. Allerdings wird man eine solche Zumutbarkeit bei der Ladung eines Vorstandsmitglieds einer Haftpflichtversicherung für Vorgänge, die der Versicherer nicht selber kennt, also zum Beispiel für die Aufklärung eines einzelnen Verkehrsunfalls – dies entgegen der Auffassung des Senats – regelmäßig verneinen müssen.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Deutlich gemacht wird in der Entscheidung des Senats, dass die Ladung absolut klarstellen muss, zu welchem Zweck sie erfolgt. Es reicht also nicht etwa aus, dass die Ladung „zur Beweisaufnahme“ oder „zur Vernehmung als Partei“ oder „zum Zwecke gütlicher Erledigung“ (nach § 278 ZPO) oder aus anderen Gründen erfolgt. Sie muss „zur Aufklärung des Sachverhaltes“ geschehen (Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 141 Rn. 28). Die Ladung kann zwar durch einfachen Brief erfolgen (§ 141 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Wenn ein Doppel des Schreibens jedoch nicht zur Akte gelangt, kann es Schwierigkeiten geben, die Ladung zur Überzeugung des Gerichts ausreichend nachzuweisen. Die ordnungsgemäße Ladung eines gesetzlichen Vertreters mit dem Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens im Termin ist jedoch unerlässliche Voraussetzung der Verhängung eines Ordnungsgelds. Wenn lediglich der Prozessbevollmächtigte auf die Vertretungsmöglichkeit nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO hingewiesen wird, steht dies – wie der Senat unter Bezugnahme auf OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.12.2004 - 4 W 68/04 - VersR 2005, 854 betont – der nach § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO geforderten Belehrung der Partei nicht gleich.

Da die Auseinandersetzung über die Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht kontradiktorisch ausgestattet ist, gibt es nach Auffassung des Senats keine Kostenerstattung im Verfahren über die Verhängung des Ordnungsgelds. In Rechtsprechung und Literatur wird aber mit Recht die Auffassung vertreten, dass in solchen Fällen analog § 46 OWiG i.V.m. § 467 Abs. 1 StPO die Kosten der erfolgreichen Beschwerde der Partei in entsprechender Anwendung der genannten Vorschriften der Staatskasse aufzuerlegen seien (OLG Hamm, Beschl. v. 15.11.1979 - 2 W 13/78 - MDR 1980, 322; OLG Bamberg, Beschl. v. 02.11.1981 - 7 WF 66/81 - MDR 1982, 585; LG Heilbronn, Beschl. v. 16.01.1995 - 1b T 377/94, 1b T 377/94 Be - MDR 1995, 753; Damrau in: MünchKomm. z. ZPO, 2. Aufl., § 380 Rn. 13; Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl., § 380 Rn. 12). Diese Auffassung in Rechtsprechung und Literatur teilt der Senat nicht. Er vertritt die Auffassung, dass die entsprechenden Auslagen bzw. Kosten der Staatskasse nicht auferlegt werden könnten, weil diese nicht am Verfahren beteiligt sei. Vielmehr gingen diese Auslagen zu Lasten der nach dem Schlussurteil kostenpflichtigen Partei.

Dieses Ergebnis überzeugt nicht. Das Ordnungsgeld steht gegebenenfalls der Staatskasse zu. Eine krass fehlerhafte Verhängung von Ordnungsgeld, die aufgehoben wird, muss analog §§ 46 OWiG, § 467 StPO und vor allem nach dem Rechtsgedanken des § 21 GKG der Staatskasse zur Last fallen, nicht der insoweit obsiegenden Partei. § 21 GKG betrifft zwar nur die Niederschlagung von Gerichtskosten bei falscher Sachbehandlung durch das Gericht. Er enthält jedoch den allgemeinen Rechtsgedanken, dass Kosten, die durch fehlerhaftes Verhalten des Gerichts verursacht werden, den Parteien nicht zur Last fallen dürfen. Das muss auch hier gelten. Die zu Unrecht mit dem Ordnungsgeld überzogene Partei, die auf ihren Kosten sitzen bleibt, wird also mit Recht enttäuscht sein.

Minima non curat praetor. (Um Kleinigkeiten kümmert das Gericht sich nicht.) Erfreulich ist, dass das LG Schweinfurt in seiner Beschwerdeentscheidung diesen römisch-rechtlichen Grundsatz bei einem Ordnungsgeld von 200 € nicht hat gelten lassen, sondern die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen hat. Damit wurde dem VI. Senat Gelegenheit gegeben, der fehlerhaften und exzessiven Verhängung von Ordnungsgeldbeschlüssen klare Grenzen zu setzen.

Weniger erfreulich ist, dass die zu Unrecht mit Ordnungsgeld überzogene Partei auf ihren Kosten sitzen bleibt. Sie wird mit Recht enttäuscht sein. Noch geringer ist vermutlich die Freude bei den beteiligten Prozessbevollmächtigten: Der Streitwert betrug im vorliegenden Verfahren 200 €. Der BGH-Anwalt hat für die Anfertigung seiner erfolgreichen Rechtsbeschwerde 25 € netto verdient (RVG VV 3502).